Regenbogenflagge durfte vor Sächsischem Justizministerium wehen

Die Regenbogenflagge, die Sachsens Justizministerin Katja Meier vor ihrem Ministerium als Zeichen "für nicht-heterosexuell lebende und liebende Menschen" gehisst hatte, musste nicht abgenommen werden. Dies hat das Verwaltungsgericht Dresden entschieden und damit den Eilantrag eines Bürgers abgelehnt. Es sah weder einen Verstoß gegen das staatliche Neutralitätsgebot noch gegen das Grundrecht auf Schutz von Ehe und Familie.

Statt CSD-Umzug Regenbogenfahne

Das Sächsische Staatsministerium der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung hatte am 09.06.2020 eine Presseeinladung unter dem Titel "Gleichstellungsministerin Katja Meier hisst die Regenbogenfahne" veröffentlicht. In der Einladung für den 11.06.2020, 9.00 Uhr, wurde ausgeführt, dass am Wochenende vom 13./14.06.2020 ein Zeichen für nicht-heterosexuell lebende und liebende Menschen durch das Hissen der Regenbogenfahne vor dem Ministerium gesetzt werden solle. Anlass sei, dass der Demonstrationszug des CSD (Christopher Street Day) Dresden e.V., der an dem Wochenende geplant gewesen sei, aufgrund der Coronalage habe verschoben werden müssen.

Bürger sah durch Hissen der Flagge Grundrechte verletzt

Dagegen hat ein Bürger am Nachmittag des 10.06.2020 um Eilrechtsschutz nachgesucht. Er machte geltend, dass das Hissen einer Regenbogenfahne der geltenden Verwaltungsvorschrift der Sächsischen Staatskanzlei zur Beflaggung von Dienstgebäuden widerspreche. Das Aufziehen der Flagge verletze ihn zudem in Grundrechten. Die Schwulen- und Lesbenbewegung mit ihrer alle Lebensbereiche umfassenden Forderung nach einer Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Beziehungen mit der herkömmlichen Beziehung von Mann und Frau stelle ein weltanschauliches Bekenntnis dar, das sich auch in der Führung der Regenbogenfahne zeige. Werde diese von einer staatlichen Stelle verwendet, liege darin ein Verstoß gegen die staatliche Neutralität, der den Antragsteller in seinem Grundrecht auf "negative Weltanschauungsfreiheit" verletze. Zudem liege eine Verletzung des Schutzes der Familie (Art. 6 Abs. 1 GG) vor, da durch die Regenbogenfahne "auf metapolitischer Ebene das Gesellschaftsbild der heteronormativ geprägten Familie dekonstruiert" werden solle. Zudem stelle das Hissen der Regenbogenfahne eine unzulässige Öffentlichkeitsarbeit dar.

Keine Entscheidung über Hissen der Flagge mehr möglich

Das Gericht folgte den Argumenten des Antragstellers am 12.06.2020 nicht und lehnte den begehrten Eilantrag ab. Zunächst könne nicht mehr über seinen ursprünglichen Antrag, der Ministerin bereits das Hissen der Flagge zu untersagen, entschieden werden, da sich dieser nach dem Aufziehen der Regenbogenfahne am 11.06.2020 erledigt habe und eine vorherige gerichtliche Entscheidung aufgrund der zeitlichen Umstände nicht möglich gewesen sei.

Kein Schutz vor Begegnung mit fremden Glaubensüberzeugungen

Soweit der Antragsteller nunmehr das Abhängen der Flagge angeordnet haben wolle, habe er mit diesem Begehren keinen Erfolg. Bei der Verwaltungsvorschrift zur Beflaggung von Dienstgebäuden handele sich um eine verwaltungsinterne Richtlinie, aus der der Antragsteller keine eigenen Rechte ableiten könne. Seine grundrechtlichen Bedenken vermochte das VG nicht zu teilen. Die Regenbogenfahne sei nach derzeitigem gesellschaftlichem Verständnis ein Zeichen der Toleranz und Akzeptanz sowie der Vielfalt von Lebensformen. Hierin sei keine ganzheitliche Stellungnahme zum Sinn des Weltgeschehens zu sehen. Selbst wenn man dies anders sehe, könnte dies dem Antragsteller nicht weiterhelfen. Denn auch die "negative Weltanschauungsfreiheit" schütze nicht ohne Weiteres vor der Begegnung mit fremden Glaubensüberzeugungen, soweit diesen ausgewichen werden könne. Hier sei nicht erkennbar, dass der Antragsteller vom Hissen der Regenbogenfahne unausweichlich betroffen sei.

Kein Eingriff in Schutzbereich von Ehe und Familie

Mit dem Hissen der Regenbogenfahne werde auch nicht der Schutzbereich der Ehe und Familie nach Art. 6 GG angegriffen. Die dazu geäußerte Meinung des Antragstellers übernahm das VG ausdrücklich nicht. Die Regenbogenfahne stehe nach dem derzeitigen gesellschaftlichen Verständnis vielmehr für Vielfalt und Toleranz. Die gezielte Abschaffung der heterogenen Ehe werde damit gemeinhin nicht verbunden. Die Fahne stelle zudem ein überparteiliches Symbol dar, dessen Aussage – Toleranz und Vielfalt – keiner bestimmten Partei exklusiv zugeordnet werden könne und offensichtlich mit der Verfassung vereinbar sei.

Beschwerde ist möglich

Gegen den Beschluss kann Beschwerde zum Sächsischen Oberverwaltungsgericht erhoben werden.

VG Dresden, Beschluss vom 12.06.2020 - 6 L 402/20

Redaktion beck-aktuell, 15. Juni 2020.