Verbraucherschutzverband ging gegen Tickethändlerin vor
Geklagt hatte ein Verbraucherschutzverband. Anlass waren zunächst Beschwerden darüber, dass die Beklagte im März und April 2020 Ticketkäufer bei coronabedingten Veranstaltungsabsagen auf Ausweichtermine verwiesen und eine Stornierung abgelehnt hatte. Kunden beanstandeten außerdem, dass bei der Rückabwicklung von Ticketkäufen durch die Beklagte Beträge unter Berufung auf die nun beanstandete AGB-Klausel einbehalten worden seien. Die Beklagte argumentiert, sie habe ihre Vermittlungsleistung beim Verkauf des Tickets erbracht, für die plangemäße Durchführung der gebuchten Veranstaltung sei allein der Veranstalter verantwortlich. Bei Rückabwicklungen der Ticketkäufe werde sie nicht für sich selbst tätig, sondern sie habe nur Dienstleistungen für den jeweiligen Veranstalter übernommen.
Kunden in unangemessener Weise benachteiligt
Dies Klausel der Tickethändlerin sei unwirksam, entschied jetzt das LG. Zumindest in den Fällen, in denen die Beklagte die Tickets auf Kommissionsbasis vertreibt, benachteilige sie den Kunden entgegen den Grundsätzen von Treu und Glauben in unangemessener Weise. Da sie unterschiedslos für alle von der Beklagten ausgeübten Geschäftsarten gelten solle, sei die Klausel insgesamt und damit auch bei ihrer Verwendung im Rahmen der Eigenveranstaltungen und des Vermittlungsgeschäfts unwirksam.
Ausschluss des Rückerstattungsanspruch gegenüber Veranstalter problematisch
Nach dem Geschäftsmodell der Beklagten könne ein Ticketverkauf für Veranstaltungen Dritter rechtlich auf zweierlei Weise ausgestaltet sein: als Vermittlung im Rahmen einer Handelsvertretung oder als Kommissionskauf. Mögliche Ansprüche des Kunden auf Rückerstattung des Ticketpreises wegen Absage oder Verlegung der Veranstaltung richten sich beim Kommissionsgeschäft ausschließlich gegen den Veranstalter. Indem die Klausel ausweislich ihres Wortlauts eine Erstattung der Vorverkaufsgebühr generell, und damit auch gegenüber dem Veranstalter, ausschließt, benachteilige sie den Kunden unangemessen.
Durchführungsrisiko wird auf Kunden verlagert
Denn beim Kommissionskauf stehe der Beklagten bei Erfüllung des Ausführungsgeschäfts mit dem Kunden ein Provisionsanspruch allein gegen den Veranstalter zu. Dies gelte auch für Leistungsstörungen aus der Sphäre des Veranstalters wie Veranstaltungsabsagen (§ 396 Abs. 1 S. 2 2. Hs. HGB). Durch den Ausschluss des Rückerstattungsanspruch in Höhe der Provision werde das Durchführungsrisiko insoweit vom Veranstalter auf den Kunden verlagert. Denn der Kunde hätte die Provision der seitens des Veranstalters beauftragten Beklagten damit auch im Fall der Verlegung oder Absage der Veranstaltung zu tragen, obwohl es sich dabei um einen Umstand handelt, der ausschließlich im Verantwortungsbereich und in der Risikosphäre des Veranstalters liege. Diese Abweichung vom gesetzlichen Leitbild benachteilige den Kunden unangemessen.
Keine Entscheidung zur Handelsvertretung
Ob die Beklagte den Rückforderungsanspruch in Höhe der Provision im Rahmen der Handelsvertretung zulässig ausschließen kann, hatte die Kammer nicht zu entscheiden. Die Beklagte dürfe jedenfalls in ihren Vertragsbedingungen keine pauschale Regelung treffen, mit denen sie Ansprüche gegenüber dem Veranstalter von vornherein ausschließt.
Regelung zudem intransparent
Die streitige Regelung ist nach Ansicht des LG außerdem intransparent. Da die Höhe der Vorverkaufsgebühr beim Abschluss des Ticket-Kaufvertrages in vielen Fällen nicht gesondert ausgewiesen werde, könne der Kunde das wirtschaftliche Risiko, das sich aus dem in der Klausel angeordneten Ausschluss der Erstattungsfähigkeit ergebe, nicht abschätzen.
Nicht zwingend alle Vorverkaufsgebühren zu erstatten
Das Gericht wies darauf hin, dass das Urteil nicht bedeute, dass die Beklagte alle Vorverkaufsgebühren erstatten muss. Es komme maßgeblich auf die jeweilige Ausgestaltung der Verträge (unter anderem Kommission, Vermittlung oder Eigengeschäft) an, ob eine solche Erstattung bei Wegfall der Klausel geschuldet sei (§ 306 Abs. 2 BGB) und gegen wen sich der Anspruch hierbei richte.
Äußerungen zur Rechtslage in Frühphase der Pandemie rechtens
Im Übrigen wurde die Klage nach Angaben des Gerichts abgewiesen. Insbesondere Äußerungen zur Rechtslage bei Verlegung von Veranstaltungen in der Frühphase der Corona-Pandemie durch die Beklagte seien zulässig, da diese zur Überzeugung der Kammer nur Rechtsmeinungen darstellten und nicht irreführend seien. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.