Reformpaket: Lambrecht will sexualisierte Gewalt gegen Kinder härter bestrafen

Sexueller Kindesmissbrauch und der Besitz sowie die Verbreitung von Kinderpornografie sollen künftig härter bestraft werden. Dazu hat Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) ein Reformpaket zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder vorgeschlagen, wie ihr Ministerium am 01.07.2020 mitteilte. Danach sollen diese Delikte künftig als Verbrechen qualifiziert werden, was eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr nach sich zöge.

Bis zu 15 Jahre Haft für sexualisierte Gewalt gegen Kinder

Ein Kernpunkt des Reformpakets sind härtere Strafen für sexuellen Kindesmissbrauch (§§ 176 bis 176b StGB), der jetzt als "sexualisierte Gewalt gegen Kinder" bezeichnet werden soll, um das Unrecht der Taten zu verdeutlichen. Künftig soll sexualisierte Gewalt gegen Kinder als Verbrechen eingestuft werden und mit Freiheitsstrafe von einem bis zu 15 Jahren strafbar sein. Taten ohne Körperkontakt wie sexuelle Handlungen vor den Augen eines Kindes werden in einem eigenen Tatbestand geregelt, mit dem bisherigen Strafrahmen von sechs Monaten bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe. Einen "minder schweren Fall" bei schwerer sexualisierter Gewalt gegen Kinder (bisher § 176a StGB) wird es nicht mehr geben.

Härtere Strafen für Verbreitung und Besitz von Kinderpornografie

Auch die Verbreitung und der Besitz kinderpornografischer Bilder oder Videos sollen künftig ein Verbrechen sein. Die Verbreitung soll künftig mit einer Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren strafbar sein, der Besitz und die Besitzverschaffung mit Freiheitsstrafen von einem bis zu fünf Jahren bestraft werden können. Die gewerbs- oder bandenmäßige Verbreitung soll künftig mit Freiheitsstrafe von zwei bis 15 Jahren geahndet werden können.

Versuchsstrafbarkeit auch bei irrigem Kontakt mit Kind

Der Straftatbestand des sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen soll um Tathandlungen mit oder vor Dritten erweitert werden. Für das Vorzeigen pornografischer Inhalte wird eine Versuchsstrafbarkeit für die Fälle eingeführt, in denen der Täter irrig glaubt, mit einem Kind zu kommunizieren, in Wahrheit aber mit einem Elternteil oder Polizeibeamten in Kontakt steht.

Bessere Qualifizierung im Umgang mit kindlichen Zeugen

Für Familienrichter, Jugendrichter und Verfahrensbeistände sollen besondere Qualifikationsanforderungen geregelt werden, insbesondere zum Umgang mit kindlichen Zeugen. Das Bundesjustizministerium will den Ländern hierzu eine allgemeine Fortbildungspflicht für Richter in allen Landesrichtergesetzen vorschlagen. Ferner sollen die Vorschriften über die persönliche Anhörung von Kindern in Kindschaftsverfahren ergänzt werden.

Längere Aufnahme von Verurteilungen ins erweiterte Führungszeugnis

Außerdem sehen Lambrechts Pläne vor, die Fristen für die Aufnahme bestimmter Verurteilungen in das erweiterte Führungszeugnis sowie für die Tilgung dieser Eintragungen im Bundeszentralregister erheblich zu verlängern. Damit soll den auskunftsberechtigten Behörden, aber auch den im Rahmen der Kinder- und Jugendarbeit tätigen Organisationen Zugang zu lange zurückliegenden Verurteilungen gewährt werden.

Leichtere Anordnung von Untersuchungshaft

Bei schwerer sexualisierter Gewalt gegen Kinder soll die Anordnung von Untersuchungshaft künftig auch dann möglich sein, wenn kein Haftgrund nach § 112 Abs. 2 StPO (Flucht- oder Verdunkelungsgefahr) vorliegt.

Redaktion beck-aktuell, 1. Juli 2020.