Langer Weg bis zum Referentenentwurf
Schon seit langer Zeit wird über den Reformbedarf im Stiftungsrecht diskutiert. Das Verhältnis zwischen bundes- und landesrechtlichen Regelungen sorgt bei den Stiftungen immer wieder für Rechtsunsicherheit. Erschwerend kommt hinzu, dass es an Klarheit durch höchstrichterliche Rechtsprechung mangelt. Im Jahr 2014 wurde die Bund-Länder-Arbeitsgruppe "Stiftungsrecht" gegründet. Diese sollte Vorschläge zur Vereinheitlichung und Verbesserung des bisherigen Rechts unterbreiten. Weit über zwei Jahre sind vergangen, seit sie im Februar 2018 einen Diskussionsentwurf veröffentlicht hat. Nun liegt seit Montag der Referentenentwurf vor. Und er bringt einige interessante Änderungen mit sich.
Stiftungsregister – das Herzstück der Reform
Ein zentraler Punkt der Reform ist die Einführung eines Stiftungsregisters. Nach einer Übergangsfrist von drei Jahren sollen alle Stiftungen verpflichtet werden, sich hier eintragen zu lassen. Dies soll sowohl für bereits bestehende Körperschaften als auch für solche, die in Zukunft gegründet werden, gelten. Das Register soll laut der Begründung im Referentenentwurf Stiftungen transparenter machen. Gleichzeitig soll es ihren Vertretern den Nachweis ihrer Berechtigung deutlich erleichtern. Bislang benötigen die Organe behördliche Bescheinigungen, welche regelmäßig neu ausgestellt werden müssen; dieses umständliche Vorgehen fiele nach Schaffung des Registers weg.
Zentrale Organisation des Registers
Das Register soll zentral vom Bundesamt für Justiz geführt werden. Dies hätte den Vorteil, dass bei der Suche nach Informationen nicht verschiedene Verzeichnisse durchsucht werden müssten. Zudem gab es ausweislich des Referentenentwurfs seit 2015 in jedem Jahr lediglich etwas mehr als 500 Gründungen. Insofern stelle es einen unverhältnismäßigen Aufwand dar, jedes Bundesland ein eigenes Register führen zu lassen. Ein weiterer positiver Effekt wäre, dass eine Stiftung ihren Sitz in ein anderes Bundesland verlegen könnte, ohne dass dies einen "Registerwechsel" nach sich ziehen würde.
Die Wissenschaft mischt mit
Der Diskussionsentwurf hatte noch kein Stiftungsregister vorgesehen, was auf starke Kritik stieß. Im März 2020 erschien ein „Professorenentwurf zur Stiftungsrechtsreform 2020“. Namhafte Rechtswissenschaftlerinnen und Rechtswissenschaftler antworteten hier auf die Ergebnisse der Bund-Länder-Arbeitsgruppe und präsentierten einen eigenen Entwurf. Ihr Anliegen war das Unterbreiten sinnvoller Änderungsvorschläge, „um das Stiftungsrecht für die Bedürfnisse des 21. Jahrhundert zu rüsten“. Zwar begrüßten sie grundsätzlich die Vereinheitlichung des Stiftungsrechts. Mit Unverständnis reagierten sie jedoch darauf, dass der Diskussionsentwurf zu einer möglichen Schaffung eines Stiftungsregisters zunächst eine "Machbarkeitsstudie" durchführen wollte. Diesem zentralen Kritikpunkt hat das BMJV Rechnung getragen.
Haftung bei Pflichtverletzungen
Der Referentenentwurf sieht eine spezielle Norm zu Pflichtverletzungen durch Stiftungsorgane vor, die in den Diskussionsentwurf noch keinen Einzug gefunden hatte. Nach der allgemeinen Regelung aus § 280 BGB wird bisher bezüglich einer möglichen Pflichtverletzung eines Organs von einem Verschulden ausgegangen. Für den Vertreter besteht bislang die Notwendigkeit, zu beweisen, dass seinerseits kein Verschulden vorlag. § 84a Abs. 3 S. 1 BGB-RE sieht nun eine hiervon abweichende Regelung vor. Die Beweislast für eine Pflichtverletzung soll danach bei der Stiftung liegen.
Business-Judgement-Rule
Ebenfalls interessant im Zusammenhang mit möglichen Pflichtverletzungen ist die Einführung der Business-Judgement-Rule, die im deutschen Recht zum Beispiel aus § 93 AktG bekannt ist. Nach § 84a Abs. 3 S. 2 BGB-RE kommt eine Pflichtverletzung nicht in Betracht, wenn ein Stiftungsorgan auf Basis einer angemessenen Informationsgrundlage davon ausgehen durfte, dass eine von ihm getroffene Entscheidung für die Stiftung positive Folgen haben würde. Hierbei hat das Bundesjustizministerium vor allem Handlungen im Zuge von Anlagen des Stiftungsvermögens im Blick. Der Vorschlag aus dem "Professorenentwurf", die Business-Judgement-Rule in § 31a BGB zu integrieren, blieb unberücksichtigt. Die Wissenschaftler hätten sich hiervon eine Klarstellung erhofft, dass die Regelung auch im Vereinsrecht gelten soll.
"Schluss machen" soll leichter werden
Die Beendigung einer Stiftung kann auf zwei Wegen erfolgen: Stiftungen können sich auflösen oder durch Behörden aufgehoben werden. Diese Vorgänge sollen künftig in §§ 87 bis 87d BGB-RE vereinheitlicht werden. Die Voraussetzungen für die Beendigung sollen dabei etwas herabgesetzt werden. So soll es zukünftig ausreichen, dass eine Stiftung den von ihr verfolgten Zweck – auch mit einer möglichen Satzungsänderung – nicht mehr kontinuierlich und nachhaltig erreichen kann.
Viel Licht, ein wenig Schatten
Der Referentenentwurf bietet noch viele weitere Gesetzesänderungen, so etwa im Bereich des Grundstockvermögens oder der Satzungsänderungen. Das Gros der Änderungen dürfte vermutlich auf Zustimmung stoßen. Einig sind sich alle Beteiligte wohl über den Aspekt, dass die Vereinheitlichung des Rechts den Stiftungen zugutekommt. Prominentes Beispiel ist das Stiftungsregister. Hiervon würden die Vertreter der Stiftungen auch bei der alltäglichen Arbeit durch den erleichterten Nachweis einer Vertretungsberechtigung profitieren. Inwiefern offene Kritikpunkte wie die uneinheitliche Behandlung von Stiftungs- und Vereinsrecht im weiteren Gesetzgebungsverfahren noch berücksichtigt werden, bleibt abzuwarten.