Reform des Urheberrechts: EU-Rechtsausschuss für Upload-Filter und Verlegerrecht

Der Rechtsausschuss im EU-Parlament hat sich im Zusammenhang mit der geplanten Reform des europäischen Urheberrechts am 20.06.2018 mehrheitlich für sogenannte Upload-Filter und ein europäisches Verlegerrecht ausgesprochen. Kritiker befürchten, negative Folgen für die Meinungsfreiheit und dafür, wie mit digitalen Inhalten kommuniziert wird. Verlegerverbände begrüßen die Entscheidung für ein Leistungsschutzrecht.

Urheberrecht muss an digitales Zeitalter angepasst werden

Die vorgeschlagene Richtlinie über das Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt soll sicherstellen, dass Künstler, Nachrichtenverlage, Autoren und Interpreten von der Verwertung ihrer Werke im Internet profitieren, erläutert der Rechtsausschuss in seinem Papier. Die derzeit gültigen Bestimmungen zum Urheberrecht in der digitalen Welt stammten aus dem Jahr 2001, einer Zeit, die sich stark von den heutigen Gegebenheiten unterscheide. Auch seien viele Urheberrechtsausnahmen im EU-Recht derzeit noch optional und gölten nicht grenzüberschreitend

Pläne zur Aktualisierung der EU-Urheberrechtsvorschriften für die heutige Online-Welt

Der Ausschuss billigte seinen Standpunkt mit 14 zu 9 Stimmen bei 2 Enthaltungen und nahm mit der gleichen Mehrheit einen Beschluss zur Aufnahme von Verhandlungen mit dem Rat der EU an. Der Beschluss zur Aufnahme von Verhandlungen mit dem Rat und der Kommission (Trilog) wird bei der Eröffnung der Juli-Plenartagung am 02.07.2018 bekannt gegeben. Dann können die Abgeordneten diese Entscheidung anfechten und beantragen, dass im Plenum darüber abgestimmt wird, ob Verhandlungen aufgenommen werden sollen oder nicht.

Faire Bezahlung für Künstler und Journalisten

Viele der Änderungen des Ausschusses am Vorschlag der EU-Kommission zielten darauf ab, dass Künstler, insbesondere Musiker und Nachrichtenverleger, bisher aufgrund der Geschäftsmodelle von Online-Plattformen und Nachrichten-Aggregatoren, nicht ausreichend für ihre Arbeit entlohnt werden, erläutert der Entschluss des Rechtsausschusses. So schränke der Text beispielsweise ein, welche Elemente einer Nachricht von Aggregatoren genutzt werden können, ohne dass dem Rechteinhaber eine Lizenzgebühr gezahlt werden muss.

Blockade des Uploads von urheberrechtlich geschütztem Material

Der Ausschuss wolle auch sicherstellen, dass Urheberrecht im Internet eingehalten wird, ohne die für das Internet so wichtige Meinungsfreiheit ungerechtfertigt zu beeinträchtigen. Die von Online-Plattformen getroffenen Maßnahmen gegen Uploads, die das Urheberrecht verletzen, müssten daher so gestaltet sein, dass keine "nicht-verletzenden Werke" geblockt werden. Die Plattformen müssten außerdem einfache Rechtsbehelfe einrichten, über die eine Person die Wiederaufnahme eines Uploads beantragen kann, wenn dieser ihrer Meinung nach zu Unrecht blockiert wurde. Der Ausschusstext lege außerdem fest, dass das nicht-kommerzielle Hochladen von Inhalten in Online-Enzyklopädien wie Wikipedia oder Open-Source-Software-Plattformen wie GitHub automatisch von der Einhaltung der Urheberrechtsbestimmungen ausgeschlossen wird.

Stärkere Verhandlungsrechte für Autoren und Interpreten

Der Ausschuss will zudem die Verhandlungsrechte der Autoren und Interpreten stärken und es ihnen ermöglichen, von denjenigen, die ihre Rechte verwerten, eine zusätzliche Vergütung zu "fordern", wenn die ursprünglich vereinbarte Vergütung im Vergleich zu den Einnahmen aus der Verwertung des Werkes "unverhältnismäßig" niedrig ist. Künstler sollten demnach in Zukunft auch von "indirekten Einnahmen" profitieren. Ebenso räume der Ausschuss den Urhebern und Interpreten das Recht ein, die Exklusivität einer Verwertungslizenz für ihr Werk zu widerrufen oder zu beenden, wenn die Partei, die die Verwertungsrechte besitzt, diese Rechte nicht nutze.

Bessere Ausnahmen für Bildung, kulturelles Erbe und Text- und Data-Mining

Der Text befasst sich auch mit Ausnahmen von den allgemeinen Regeln des Urheberrechts für Text und Data Mining, für Museen oder Bibliotheken und für Bildungsmaterialien.

vzbv spricht sich gegen Upload-Filter aus

Plattformbetreiber, die mit nutzergenerierten Inhalten arbeiten, könnten in Zukunft verpflichtet sein, jeden Inhalt bereits vor dem Hochladen auf mögliche Urheberrechtsverletzungen zu prüfen, moniert der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). "Aus Angst vor völlig unklaren Haftungsregeln werden viele Inhalte im Netz verschwinden", befürchtet Klaus Müller, Vorstand des vzbv. Unseriöse Inhalte, sogenannte Fake News, würden es hingegen künftig noch leichter haben, sich im Netz zu verbreiten. "Wenn es zu einer weiteren Abstimmung kommt, sollten sich die Abgeordneten für Nutzer einsetzen und ihre Rechte stärken – sie müssen Upload-Filter verhindern“, fordert Müller. Besonders bitter sei, dass keine wirksamen Gegenmaßnahmen für Nutzer eingeführt wurden, um ihre rechtmäßigen Inhalte vor entsprechender Blockierung zu schützen. Vollkommen legale Inhalte könnten so mit Verweis auf die Nutzungsbedingungen der Plattform leicht verschwinden. Der Nutzer könne dann nicht auf ein abgesichertes Verfahren zurückgreifen, das gewährleiste, die Inhalte wieder auf der Plattform erscheinen zu lassen, erläuterte der vzbv-Vorstand.

Digitalcourage moniert die geplante Neuregelung

"Wir müssen davon ausgehen, dass das Leistungsschutzrecht ein Lobby-Projekt großer Verleger wie Axel Springer ist. Die Uploadfilter hat sich die Musikindustrie gewünscht", kritisiert Friedemann Ebelt vom Verein Digitalcourage. Wer im Internet Zugang zu freiem Wissen ermögliche, zitiere, verlinke, kreativ mit Texten, Bildern, Videos oder Audios arbeite, werde Probleme bekommen. Große Internetplattformen würden die Instrumente nutzen, um Monopolstellungen einzunehmen, befürchtet Ebelt.

Verlegerverbände begrüßen Entscheidung für europäisches Verlegerrecht

Der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) und der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) begrüßten dagegen die Pläne für ein europäisches Leistungsschutzrecht für Verleger. "Die Mitglieder des Rechtausschusses im Europaparlament haben mit ihrem Beschluss ein wichtiges Zeichen für die Sicherung des freien, unabhängigen Journalismus in der digitalen Welt gesetzt", sagte ein Sprecher der Verbände in Berlin. Die Entscheidung des Rechtsausschusses sei nicht nur für große, sondern auch für kleinere und mittlere Verlagshäuser, die angesichts der Marktdominanz großer Online-Plattformen dringend eine Rechtsgrundlage für ihre Geschäftsmodelle benötigen würden, von entscheidender Bedeutung, betonte der Sprecher am 20.06.2018.

Redaktion beck-aktuell, 20. Juni 2018.