Zu Unrecht in Haft: Referentenentwurf sieht bessere Entschädigung vor

Wer zu Unrecht in Untersuchungs- oder Strafhaft gesessen hat, soll künftig besser entschädigt und unterstützt werden. Vorgesehen ist eine höhere Haftentschädigungspauschale sowie deren vereinfachte Geltendmachung. Auch die Rehabilitierung soll besser werden.

All dies sieht ein Referententwurf aus dem Bundesjustizministerium vor – mit Änderungen im Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen, in der StPO und dem RVG.

Für jeden angefangenen Tag, der zu Unrecht in Haft verbracht wurde, sollen Betroffene statt bisher 75 jetzt 100 Euro erhalten. Dauert die Haft länger als sechs Monate, soll es 200 Euro pro Tag geben. Denn: Mit zunehmender Dauer der Freiheitsentziehung steige oft die psychische Belastung, erläutert das BMJ. Auch die Auswirkungen auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nähmen zu. Bisher nicht geregelt war, wie die durch die Freiheitsentziehung ersparten Aufwendungen für Unterkunft und Verpflegung zu bewerten sind. Festgeschrieben werden soll jetzt, dass diese den Entschädigungsanspruch nicht mindern.

Steht die Entschädigungspflicht des Staates dem Grund nach rechtskräftig fest, sollen Betroffene im Betragsverfahren künftig eine kostenlose anwaltliche Erstberatung in Anspruch nehmen können. Hierüber soll die Staatsanwaltschaft sie informieren müssen. Der Anwalt soll klären, ob die betroffene Person über den Haftentschädigungsanspruch hinausgehende Ersatzansprüche geltend machen kann und ob die Voraussetzungen für die Gewährung von Beratungshilfe für die Vertretung im weiteren Verfahren vorliegen. Flankierend soll im RVG – ähnlich wie bei der Beratungs- oder auch Prozesskostenhilfe – ein Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts unmittelbar gegen die Staatskasse vorgesehen werden.

Längere Fristen und verstärkte Rehabilitierung

Weitere Erleichterungen betreffen das Entschädigungs- und das Klageverfahren. Hier soll es längere Fristen geben. Die Frist zur Beantragung einer gerichtlichen Entscheidung über die Entschädigungspflicht soll von einem Monat auf zwei Monate, die Frist zur Antragstellung im Betragsverfahren von sechs Monaten auf ein Jahr verlängert werden. Abgeschafft werden soll die absolute Ausschlussfrist von einem Jahr für die Geltendmachung des Entschädigungsanspruchs. Für die Erhebung einer Klage gegen die Entscheidung über den Entschädigungsanspruch soll man sechs statt bisher drei Monate Zeit haben.

Schließlich sollen zu Unrecht Verurteilte auch im Fall der Wiederaufnahme eines Strafverfahrens mit erneuter Hauptverhandlung besser rehabilitiert werden: Sie erhalten im Erfolgsfall einen Anspruch auf öffentliche Bekanntmachung der Aufhebung des früheren Urteils. Dazu soll die StPO geändert werden. Die Bekanntmachung soll nur erfolgen, sofern der Verurteilte es verlangt. Das Verlangen ist nicht fristgebunden. Die Bekanntmachung soll im Bundesanzeiger und – nach dem Ermessen des Gerichts – auch auf andere geeignete Weise erfolgen.

Redaktion beck-aktuell, bw, 18. Juli 2024.