Rede zur Lage der EU: Juncker für schnellere Abschiebungen und weniger Entscheidungen nach Einstimmigkeitsprinzip

EU-Kommissionspräsident Jean Claude Juncker plädierte am 12.09.2018 in seiner Rede zur Lage der Europäischen Union dafür, Migranten ohne Asylanspruch schneller zurückzuführen und gleichzeitig legale Einwanderungswege zu öffnen. Außerdem forderte er, das Abstimmungsprinzip der qualifizierten Mehrheit statt Einstimmigkeit auf weitere Politikbereiche auszuweiten, um die EU handlungsfähiger zu machen.

Grenzschutzagentur Frontex stärken – EU-Grenzschutzpersonal aufstocken

"Wir können nicht bei der Ankunft jedes neuen Schiffes über Adhoc-Lösungen diskutieren", sagte Juncker im Europaparlament in Straßburg. Seine Behörde schlage daher vor, die Grenzschutzagentur Frontex zu stärken und die Zahl der europäischen Grenzschutzbeamten bis 2020 auf 10.000 zu erhöhen.

EU-Asylagentur ausbauen – Irreguläre Migranten rascher zurückführen

Zudem solle ein Gesetzesvorschlag zum Ausbau der EU-Asylagentur vorgelegt werden. Die EU-Staaten bräuchten stärkere Unterstützung bei der Bearbeitung von Asylanträgen. Darüber hinaus solle ein Vorschlag für die schnellere Rückführung irregulärer Migranten vorgelegt werden. Außerdem sollten legale Einwanderungswege für Migranten nach Europa eröffnet werden.

Binnengrenzen Rückschritt für Europa

Eine Reihe an EU-Staaten kontrolliert derzeit wegen aus ihrer Sicht erhöhter Terrorgefahr beziehungsweise verstärkter Migration im eigentlich kontrollfreien Schengen-Raum Binnengrenzen. Durch die Wartezeiten entstehen unter anderem wirtschaftliche Schäden. "Ich bin und bleibe gegen Binnengrenzen", sagte Juncker. "Sie müssen dort, wo es sie inzwischen gibt, abgeschafft werden. Andernfalls wäre dies ein Rückschritt für Europa."

Abstimmungsprinzip der qualifizierten Mehrheit ausweiten

Darüber hinaus plädierte Juncker dafür, dass bestimmte Entscheidungen künftig nicht mehr einstimmig getroffen werden müssen. Im Bereich der Außenpolitik und bei bestimmten Steuerfragen sollten die EU-Staaten künftig stattdessen mit qualifizierter Mehrheit entscheiden, sagte er. Juncker sagte, der Vertrag von Lissabon biete die Möglichkeit, Abstimmungen mit qualifizierter Mehrheit auf weitere Politikbereiche auszuweiten. Dies sei sozusagen das "Dornröschen des Vertrags".

Einstimmigkeitsprinzip führt zu Blockaden

Bislang gilt in einigen Politikfeldern – etwa bei der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik oder beim Thema Steuern – die Einstimmigkeit. Deshalb kommt es immer wieder vor, dass die EU sich wegen der Blockade einzelner Staaten international nicht positionieren kann oder einzelne Gesetzesvorschläge Monate und Jahre nicht beschlossen werden. Bei Entscheidungen mit qualifizierter Mehrheit müssen mindestens 16 Länder, die mindestens 65% der EU-Bevölkerung repräsentieren, zustimmen.

Redaktion beck-aktuell, 12. September 2018 (dpa).

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