Rechtsstaatlichkeits-Preis für "European Lawyers in Lesvos"

Das Rechts­be­ra­tungs­projekt European Lawyers in Lesvos (ELIL) wurde mit dem Rule of Law Award der Union Interna­tionale des Avocats (Interna­tional Association of Lawyers, UIA) ausgezeichnet. ELIL ist eine gemein­nützige Organi­sation, die unabhängige Pro-bono-Rechts­be­ratung für Asylsu­chende im Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos und seit Kurzem auch auf der Insel Samos anbietet. 

Kostenlose Rechtsberatung für über 11.000 Geflüchtete

Bei ELIL handelt es sich nach Ansicht der UIA um ein bemerkens­wertes Beispiel für die wichtige Rolle der Anwalt­schaft bei der Aufrecht­er­haltung und Förderung von Rechts­staat­lichkeit. Seit ELIL die Arbeit auf Lesbos begonnen habe, habe das Team, bestehend aus über 200 haupt- und ehrenamt­lichen Rechts­an­wäl­tinnen und Rechts­anwälten aus 18 Ländern, kostenlose Rechts­be­ratung für über 11.000 Geflüchtete geleistet. Gegründet wurde ELIL im Juni 2016 durch den Rat der Europäischen Anwalt­schaften (CCBE) und den Deutschen Anwaltverein (DAV). Letzterer zeigte sich über die stetig wachsende interna­tionale Anerkennung des Projekts sehr erfreut. Der Rule of Law Award ist nämlich nicht die erste Auszeichnung für ELIL dieses Jahr: In den Wochen zuvor wurde die Zusammen­arbeit zwischen ELIL und sechs interna­tionalen Partner­kanzleien mit dem 2020 PILnet Pro Bono Publico Award sowie einem Financial Times Innovative Lawyers Award und einem Legal Week Legal Innovation Award geehrt.

Katastrophale Bedingungen in den Lagern erschweren die Arbeit

Diesen Motiva­ti­onsschub könne das Team derzeit gut gebrauchen, berichtet der DAV. Die Arbeit der  Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte werde durch die katastrophalen Bedingungen in den Flüchtlingslagern erschwert. Nach den verhee­renden Bränden erst im Flüchtlingslager Moria auf Lesbos vor einigen Wochen und nun auch auf der Insel Samos, von der weite Teile zusätzlich durch ein Erbeben verwüstet wurden, sei nun auch die Covid-19-Pandemie in den Lagern allgegen­wärtig. Im zwischen­zeitlich errichteten neuen Lager auf Lesbos stünden keine Räumlich­keiten für Rechts­be­ra­tungen zur Verfügung, die den Vertrau­lich­keits­an­for­de­rungen und Covid-19-Schutz­maß­nahmen entsprechen. Rechts­be­ratung könne daher bisher nur außerhalb des Geländes angeboten werden. Dies stelle eine weitere Hürde dar, da auch das Verlassen des Lagers durch die Covid-Maßnahmen streng reglementiert wurde. Die Sicherung unabhängiger Rechts­be­ratung als Teil humanitärer Ersthilfe bleibe daher eine stetige Heraus­for­derung.

Fünfte Verleihung des Awards

Mit dem jährlich verliehenen Award würdigt die UIA Personen oder Einrich­tungen, die aktiv zur Stärkung des Rechts­staats beitragen. Der Rule of Law Award wurde dieses Jahr zum fünften Mal vergeben, vor zwei Jahren erhielt ihn die kürzlich verstorbene Supreme-Court-Richterin Ruth Bader Ginsburg.

Redaktion beck-aktuell, 5. November 2020.