Rechtsstaatlichkeit: EU-Parlament droht EU-Kommission mit Klage

Im Streit um die Anwendung neuer Regeln zum Schutz der Rechtsstaatlichkeit erhöht das Europaparlament den Druck auf die Kommission und droht mit einer Klage vor dem höchsten EU-Gericht. "Obwohl das Gesetz am 01.01.2021 in Kraft getreten ist, hat die EU-Kommission es bislang nicht angewendet", bemängelten Abgeordnete verschiedener Parteien am Dienstag. Möglicherweise betroffene EU-Staaten seien noch nicht einmal schriftlich benachrichtigt worden.

Ultimatum des Parlaments läuft aus

Die Abgeordneten erinnerten in ihrer Stellungnahme daran, dass am 01.06.2021 ein Ultimatum des Parlaments ausläuft. Sollte die EU-Kommission bis dahin nicht erste Schritte des Mechanismus eingeleitet haben, habe das Parlament keine andere Wahl, als rechtliche Schritte auf den Weg zu bringen. Sollte die EU-Kommission der Forderung des Parlaments nachkommen, würde sie sich allerdings gegen einen Beschluss der EU-Staats- und Regierungschefs vom Dezember stellen. Damals wurde festgelegt, dass die Behörde, die für die Einhaltung von EU-Recht zuständig ist, erst dann aktiv werden soll, wenn der Europäische Gerichtshof über mögliche Klagen gegen den neuen Mechanismus entschieden hat. Erst aufgrund dieses Kompromisses hoben Ungarn und Polen ihre Blockade gegen den siebenjährigen EU-Haushalt auf und stimmten dem neuen Rechtsstaatsmechanismus zu.

Klagen gegen Rechtsstaatsmechanismus vor dem EuGH

Im März klagten beide Länder schließlich vor dem EuGH gegen den neuen Mechanismus. Durchschnittlich dauern Verfahren am EuGH rund eineinhalb Jahre. Das Europaparlament drohte deshalb bereits Ende März mit einer Klage gegen die EU-Kommission, falls sie bis Juni nicht zumindest die Leitlinien zur Anwendung der Klausel vorlegt. Der neue Mechanismus ermöglicht es, bei bestimmten Rechtsstaatsverstößen die Zahlung von EU-Geldern zu kürzen.

Zwei Monate Zeit für Stellungnahme

Zu den Unterzeichnern der Erklärung vom Dienstag gehören unter anderem die Vizepräsidentin des Parlaments Katarina Barley (SPD), Moritz Körner (FDP) und Daniel Freund (Grüne). Sie beziehen sich auf Artikel 265 der EU-Verträge, der für den Fall der Untätigkeit die Möglichkeit einer Klage gegen eine EU-Institution vorsieht. Demnach müsste die EU-Kommission zunächst aufgefordert werden, zu handeln. Danach hat sie dann zwei Monate für eine Stellungnahme Zeit. Anschließend kann geklagt werden.

Redaktion beck-aktuell, 25. Mai 2021 (dpa).