Bindung an das Gesetz
Dem Fall lag die Klage einer Person zugrunde, die sich weder als Mann noch als Frau fühlte, aber ihrem Körper nach eindeutig weiblich war. Sie begehrte die Streichung des Geburtseintrags "weiblich". Das Standesamt lehnte dies ab - das Register sei nicht falsch und könne nicht berichtigt werden. Im Gegensatz hierzu verhalf das OLG Düsseldorf dem Antrag, gestützt auf eine verfassungskonforme Auslegung des Personenstandsgesetzes, zum Erfolg. Intersexualität sei unabhängig von körperlichen Merkmalen ausreichend für eine Änderung des Registers. Der BGH hatte Sympathie für das Ziel des OLG, aber nicht für das gewählte Mittel. Der Senat empfand die Auslegung des Berufungsgerichts als Überdehnung des Gesetzes. Er leitete aus der Gesetzgebungsgeschichte der Reform des Geburtsregisters ab, dass hier nur Fälle geklärt werden sollten, bei denen das Geschlecht aufgrund einer körperlichen Untersuchung nicht eindeutig bestimmt werden könne.
Planwidrige Regelungslücke
Die Möglichkeit einer analogen Regelung sah der BGH aber im Hinblick auf das Transsexuellengesetz (TSG). Unter Rückgriff auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wonach das Empfinden einer Person hinsichtlich ihrer Sexualität zu berücksichtigen sei, eröffneten die Richter die Anwendung von § 8 Abs. 1 TSG. Die Norm ermöglicht eine gerichtliche Feststellung der Zugehörigkeit zum anderen Geschlecht. Das dort festgelegte binäre Geschlechtsverständnis (Frau/Mann) sei durch die Entscheidung des BVerfG überholt und werde vom Gesetzgeber grundsätzlich selbst für überholungbedürftig gehalten. Daher könne auch bei empfundener Intersexualität eine Änderung des Registers angeordnet werden, wenn die Voraussetzungen hierfür erfüllt seien – hier durch Streichung oder Eintragung von "divers".
Höhere Hürden
Gründe für eine Gleichbehandlung mit Menschen mit körperlicher Intersexualität sah der BGH aber nicht. Der Gesetzgeber habe wegen der unterschiedlichen Nachweisbarkeit bewusst ein gestuftes Verfahren eingeführt. Insofern hätte die Vorinstanz nach § 8 TSG zwei Gutachten zur Empfindung der geschlechtlichen Identität einholen müssen, als sie der "antragstellenden Person" recht gab. Dies war hier nicht der Fall, weshalb im Ergebnis das Standesamt Recht bekam.