Zunächst muss der Steuerpflichtige auswählen, gegen welchen der drei Bescheide zur Grundsteuer er vorgeht. Es gibt für diese ein dreistufiges Verfahren: Im ersten Bescheid setzt das Finanzamt den Grundsteuerwert fest, in einigen Bundesländern Grundsteueräquivalenzbetrag genannt (1. Stufe). Darauf baut dessen Bescheid über den Grundsteuermessbetrag auf (2. Stufe). Gegen beide Bescheide ist der Einspruch statthaft. Auf diesen setzt wiederum der Grundsteuerbescheid der jeweiligen Kommune auf, aus dem sich die Zahlungspflicht ergibt. Gegen diesen kann Widerspruch erhoben werden (3. Stufe).
Das Verfahren ist grundsätzlich gleich für Grundstücke der Land- und Forstwirtschaft (Grundsteuer A), übrige Grundstücke (Grundsteuer B) und solche, die nicht bebaut, aber baureif sind (Grundsteuer C). Die Voraussetzungen für einen zulässigen Einspruch oder Widerspruch sind weitgehend dieselben, insbesondere gilt jeweils eine Frist von einem Monat ab Bekanntgabe des Bescheids. Allerdings ist nur der Einspruch auch dann kostenfrei, wenn der Steuerpflichtige unterliegt. Die möglichen Angriffspunkte unterscheiden sich je nach Bescheid und Bundesland.
Stufe 1: Einspruch gegen Bescheid über Grundsteuerwert oder Grundsteueräquivalenzbetrag
Mit einem Einspruch können Fehler in dem Bescheid über den Grundsteuerwert oder die -äquivalenzbeträge geltend gemacht werden. Die möglichen Fehler hängen davon ab, in welchem Bundesland der Bescheid ergeht, denn die Gesetze zur Berechnung unterscheiden sich.
Die meisten Bundesländer berechnen den Grundsteuerwert nachden §§ 218–263 Bewertungsgesetz (BewG) ("Bundesmodell"). Dies sind Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Berlin, Schleswig-Holstein, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern und Bremen. Auch Sachsen und das Saarland folgen hier dem Bundesmodell (sie berechnen jedoch den Grundsteuermessbetrag auf der 2. Stufe anders).
Im Bundesmodell können in Einsprüchen gegen den Grundsteuerwert Fehler geltend gemacht werden zu der Grundstücksart, der Zurechnung und bei mehreren Beteiligten zu der Höhe ihrer Anteile (§ 219 BewG). Möglich sind ferner Einwendungen gegen das Ertragswert- oder Sachwertverfahren. Auch eine Verfassungswidrigkeit der Regeln zum Grundsteuerwert wäre bereits auf der 1. Stufe vorzubringen. Infolge einer BFH-Entscheidung (Beschluss vom 27.05.2024 – II B 78/23 (AdV)) hat der Gesetzgeber inzwischen die Möglichkeit geschaffen, einen niedrigeren gemeinen Grundstückswert nachzuweisen (§ 220 Abs. 2 BewG). Dieser ist anzusetzen, wenn der ansonsten ermittelte Grundsteuerwert den niedrigeren gemeinen Wert um mindestens 40% übersteigt.
Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen und Niedersachsen berechnen den Grundsteuerwert für die Grundsteuern B und C nach eigenen Regeln, weshalb sich zusätzliche Angriffspunkte aus den jeweiligen Landesgesetzen ergeben können. Bayern, Hamburg und Niedersachsen setzen zudem statt "Grundsteuerwerten" "Grundsteueräquivalenzbeträge" fest, die – funktional – einander gleichen.
Stufe 2: Einspruch gegen Bescheid über Grundsteuermessbetrag
Mit einem Einspruch gegen den Grundsteuermessbescheid können normalerweise nur mathematische Fehler im Grundsteuermessbetrag geltend gemacht werden. Dieser ergibt sich durch Multiplikation des Grundsteuerwerts mit der Steuermesszahl; letztere variiert je nach Grundstück und Bundesland.
Stufe 3: Widerspruch gegen Bescheid über Grundsteuer
Der Grundsteuerbescheid setzt die Grundsteuer fest. Diese ergibt sich aus einer Multiplikation des Grundsteuermessbetrags mit einem Hebesatz, den die Kommunen für unterschiedliche Grundstücksarten festlegen. Gegen diesen Bescheid können per Widerspruch Fehler bei der Berechnung der Grundsteuer geltend gemacht werden.
Der Hebesatz muss rechtmäßig sein, etwa spätestens bis zum 30. Juni eines Jahres festgelegt sein (§ 25 BewG). Überdies muss er auf einer Satzung beruhen, die der Stadt- oder Gemeinderat in der Regel in einwandfreier Weise erlassen hat (in Stadtstaaten gilt dies für die Gesetze zum Hebesatz).
Erfolgschancen nicht schlecht
In vielen Fällen ist es ratsam, einen Rechtsbehelf einzulegen. Zahlreiche Fragen zur Grundsteuer sind noch ungeklärt; einige Musterverfahren sind beim BFH anhängig. Dabei sollten Grundstückseigentümer möglichst bereits auf der ersten und zweiten Stufe Einspruch einlegen, da Einwendungen gegen diese Bescheide im Widerspruch auf der dritten Stufe ausgeschlossen sind. Zudem sollte man bis zur höchstrichterlichen Klärung der offenen Rechtsfragen beantragen, das Verfahren ruhend zu stellen. Schließlich bleiben nicht angegriffene Bescheide wirksam, auch wenn ein Gericht bestimmte Grundsteuervorschriften später für rechtswidrig halten sollte.
Ist kein erfolgversprechender Einspruch oder Widerspruch ersichtlich, gibt es Alternativen. Möglich ist etwa eine Fortschreibung des Grundsteuerwerts, wenn er um mehr als 15.000 Euro von dem bisher festgestellten Wert abweicht (vgl. § 222 Abs. 1 BewG). Auch eine fehlerbeseitigende Fortschreibung (vgl. § 222 Abs. 3 BewG)und im Einzelfall sogar Billigkeitserwägungen können zu einer niedrigeren Grundsteuer führen.
RA und StB Andreas Klaus und RA Jonathan Storz beraten Mandanten insbesondere in Verfahren vor Finanzbehörden und Gerichten. Sie sind Associates bei McDermott Will & Emery in München.