Mit dem Strafrecht gegen Mietwucher: Experten streiten um Verschärfung

Um einen Gesetzentwurf des Bundesrates zu besseren Bekämpfung von Mietwucher durch eine strafrechtliche Regelung im Wirtschaftsstrafgesetz 1954 ging es am Montag in einer öffentlichen Anhörung des Rechtsausschusses. Wenig überraschend waren die Vermieterverbände skeptisch, während Mieterschützer dem etwas abgewinnen konnten.

Der Bundesrat schlägt in seinem Entwurf eine Änderung in § 5 WiStrG 1954 zur "Mietpreisüberhöhung" vor. Ein Mieter soll nicht mehr nachweisen müssen, dass der Vermieter ein geringes Angebot an vergleichbarem Wohnraum ausgenutzt hat, um eine überhöhte Miete zu verlangen. Stattdessen soll allein "auf das objektive Kriterium des Vorliegens eines geringen Angebots abgestellt werden", wie es in dem Entwurf heißt. Außerdem soll das maximal fällige Bußgeld von 50.000 Euro auf 100.000 Euro erhöht werden. Als unangemessen hoch bewertet das geltende Gesetz in der Regel Mieten, die mehr als 20% über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen.

Das aktuelle Gesetz knüpfe die Verfolgung und Bestrafung an sehr hohe Anforderungen, so dass kaum eine Kommune diese überhöhten Mieten noch wirkungsvoll bekämpfen könne, kritisierte die SPD-Bundestagsabgeordnete Zanda Martens. Sie forderte: "Das Bundesjustizministerium sollte den Vorschlag des Bundesrates zügig aufnehmen und Mietwucher endlich effektiv bekämpfen." Ihre Fraktionskollegin Sonja Eichwede verwies auf die politischen Konsequenzen hoher Mieten. Sie sagte: "Die Unzufriedenheit in unserem Land resultiert auch daraus, dass viele Menschen Schwierigkeiten haben, am Ende des Monats noch ihre Rechnungen zu bezahlen."

Vermieterverbände fordern: Mehr Wohnungen statt Verschärfung

Carsten Herlitz, Justiziar des Bundesverbands deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen begrüßte zwar das Vorgehen gegen "schwarze Schafe" unter den Vermietern. Er erklärte aber auch, Verschärfungen des Mietrechts könnten nicht das Problem angespannter Wohnungsmärkte lösen. Im Fall seiner Umsetzung würde der Entwurf zu einem bundesweiten und scharfen Mietendeckel führen, so Herlitz weiter. Es stelle sich die Frage, ob hier ein Gesetzes- oder ein Vollzugsdefizit vorliege.

Auch der stellvertretende Bundesgeschäftsführer des Immobilienverbands Deutschland (IVD), Christian Osthus, erklärte, sein Verband sehe den Gesetzentwurf und generell jede Initiative kritisch, die das subjektive Merkmal aus § 5 WiStrG 1954 streichen wolle. Nur wer ein Geschäft abschließe und sich dabei bewusst sittenwidrig verhalte, müsse sanktioniert werden. Dafür aber gebe es die Mietpreisbremse als zivilrechtliches Mittel und bestehende öffentlich-rechtliche Regelungen. Darüber hinaus bestehe kein Handlungsbedarf.

Kai Warnecke, Präsident des Eigentümerverbands Haus & Grund Deutschland, betonte in seiner Stellungnahme, nicht die Vermieter stellten das Problem dar, sondern der Mangel an Mietwohnungen. Grundsätzlich handele es sich bei jeder Verschärfung des § 5 WiStG 1954 um einen Eingriff in die Eigentumsrechte des Vermieters. Die vorgesehene Abschaffung des Merkmals "Ausnutzen" greife in das bestehende Mieter-Vermieter-Gefüge ein und führe letztlich dazu, dass sich private Vermieter vom Markt zurückziehen. Anstelle redliche Vermieter zu kriminalisieren, sollte das Problem durch ein höheres Wohnungsangebot gelöst werden.

Mieterverbände begrüßen zusätzliche Option im Kampf um erhöhte Mieten

Kilian Wegner von der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder) vertrat die Ansicht, dass der Gesetzentwurf verfassungskonform ist und auch ansonsten keinen rechtlichen Bedenken unterliegt. Insbesondere sei die von der Bundesregierung ohne nähere Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des BVerfG vorgetragene Befürchtung, es verstoße gegen den Schuldgrundsatz, vorsätzliche oder leichtfertige Verstöße gegen staatliche Preisvorgaben mit einem Bußgeldtatbestand zu bewehren, unbegründet. Für den Entwurf spreche, dass der Tatbestand der Mietüberhöhung für Behörden und Gerichte, aber auch Mieter und Vermieter künftig leichter handhabbar sein würde.

Eve Raatschen vom Hamburger Mieterverein "Mieter helfen Mietern" verwies darauf, dass sich Vermieter und Vermieterinnen die Wohnraumknappheit zunutze machten und überhöhte Mieten forderten. Sie bedauerte, dass der Bundesgerichtshof 2004 eine wirksame Vorschrift zur Begrenzung von Ausreißermieten zu einer Karteileiche gemacht habe (Urteil vom 28.01.2004 – VIII ZR 190/03). Die Mietpreisbremse habe bislang keine ausreichenden Effekte gehabt, sodass es einer zusätzlichen Reaktivierung von § 5 WiStrG bedürfe.

Rechtsanwalt Benjamin Raabe begrüßte den Vorschlag des Bundesrats ausdrücklich. Es gehe um eine Praxis, die sich in der Vergangenheit gut bewährt habe. Das Nebeneinander von zivilrechtlichem Schutz der Mietenden und dem öffentlich-rechtlichen System des Preisschutzes habe Jahrzehnte gut funktioniert, bis der Bundesgerichtshof in mehreren Entscheidungen in den 2000er Jahren die Anforderungen für die Mietenden, aber auch für die Verfolgungsbehörden so weit angehoben habe, dass es seit 20 Jahren kaum mehr Verfahren zur Mietpreisüberhöhung gebe.

Mit Blick auf 700.000 fehlende Wohnungen forderte der Präsident des Deutschen Mieterbund (DMB), Lukas Siebenkotten, flankierend Maßnahmen aufzusetzen, mit denen Mietern und Mieterinnen geholfen wird, einen erheblichen Anstieg der Mieten zu vermeiden. Dafür sei zum einen eine rigorose Senkung der Kappungsgrenze bei der Mieterhöhung nötig, zum anderen solle man den § 5 WiStrG wieder flottmachen. Es gehe dabei nicht um die Bestrafung des Vermieters, sondern um die Einhaltung der Mietobergrenzen. Dafür sei in vielen Fällen eine Drohkulisse nötig.

Redaktion beck-aktuell, gk, 20. Februar 2024 (ergänzt durch Material der dpa).