Die Frage, ob deshalb eine Pflicht zu einer Elementarschadenversicherung notwendig ist und wenn ja, wie sie ausgestaltet werden soll, wurde am Montag bei einer Anhörung des Rechtsausschusses kontrovers diskutiert. Gegenstand der Anhörung war ein Antrag der CDU/CSU-Fraktion (BT-Drs. 20/8732), die von der Bundesregierung einen Gesetzentwurf mit dem Inhalt fordert, "dass im Neugeschäft die Wohngebäudeversicherung nur noch mit einer Elementarschadenabsicherung angeboten wird, die nach Belehrung über die Konsequenzen abgewählt werden kann". Pflichtversicherungen gebe es regelmäßig nur im Bereich der Haftpflicht. Eine isolierte, unmittelbare und nicht abwählbare Elementarschadenpflichtversicherung wäre im deutschen Zivilrecht daher systemfremd.
Die Unions-Fraktion will zudem eine staatliche Rückversicherung für Elementarschäden einführen und die Planungsträger in den Ländern für die Gefahren einer Bauleitplanung in besonders schadensgefährdeten Gebieten sensibilisieren. Geprüft werden soll zudem eine Konkretisierung der Staatshaftungsregeln der planenden Körperschaften, die neue Baugebiete trotz dieser Risiken ausweisen.
Nur eine Pflicht bringt ausreichende Versicherungsdichte
Reimund Schwarze vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung empfahl eine gesetzlich angeordnete Versicherungspflicht, die präventionsorientiert ausgestaltet und durch staatliche Maßnahmen zu einer umfassenden Naturgefahren-Absicherung ausgebaut werden müsse. Er verwies in der Anhörung darauf, dass nur etwa die Hälfte aller Wohngebäude umfassend gegen Elementarschäden wie Hochwasser und Starkregen versichert sei. Angesichts dessen bestehe ein breiter politischer Konsens darüber, dass deutlich mehr, wenn nicht sogar alle Hausbesitzer eine Elementarschadenversicherung abschließen sollten.
Stephen Rehmke, Vorstand des Bundes der Versicherten reagierte ablehnend auf die Abwahlmöglichkeit, die im Unions-Vorschlag vorgesehen ist. Denn das Ziel einer Elementarschadenversicherung müsse die weitestmögliche Verbreitung sein. Eine solche Versicherung lasse sich auch als fester Bestandteil einer Wohngebäudeversicherung ausgestalten, ohne dass es sonderlich systemfremd wäre. Belasse man es bei einer Abwahlmöglichkeit, werde man nicht annähernd die Versicherungsdichte erreichen, die man bei den klassischen Wohngebäudeversicherungen schon habe und die man für einen tragbaren Risikoausgleich brauche, so Rehmke.
Mit Blick auf die Versicherungsdichte ging Jakob Thevis, stellvertretender Vorstand des deutsch-französischen Zentrums für Europäischen Verbraucherschutz, auf die Unterschiede zwischen den Systemen beider Länder bei der Wohngebäudeversicherung ein. So betrage die Versicherungsdichte in Deutschland rund 50%, in Frankreich dagegen 98%. Grund für den hohen Wert sei aber keine strenge Pflicht. Nur dann, wenn man eine Gebäude- oder Hausratversicherung abschließe, sei eine Elementarschadenversicherung inbegriffen. Entscheidend seien die geringen Kosten dieser Versicherung, die durch die Kooperation von Privatwirtschaft und Staat möglich würden.
Auch der Deutsche Mieterbund unterstützt nach Angaben von Bundesdirektorin Melanie Weber-Moritz Bemühungen, die Verbreitung von Elementarschadenversicherungen zu erhöhen. Angesichts der mit dem Klimawandel verbundenen Gefahren für Gebäude sollten Eigentümerinnen und Eigentümer durch den Abschluss einer Versicherung Eigenvorsorge treffen statt solche Schäden gegebenenfalls durch die Gewährung staatlicher, aus Steuermitteln finanzierter Unterstützungsleistungen zu vergemeinschaften. Es müsse aber dafür gesorgt werden, dass die Kosten derartiger Versicherungen tatsächlich von den vermietenden Eigentümern getragen und nicht von den Mietenden gezahlt werden.
Gegner verweisen auf hohe Kosten und Vorrang der staatlichen Prävention
Gegen die Einführung einer Versicherungspflicht sprach sich hingegen Kai Warnecke, Präsident von Haus & Grund Deutschland aus. Er gab zu bedenken, dass eine Versicherungspflicht keinen Schadensfall verhindere. Das aber sei die eigentliche Aufgabe der Politik. Lediglich der Gedanke, die Versicherungsquote zu erhöhen und gleichzeitig den Staat als Rückversicherer in einem risikobezogenen Prämiensystems zu etablieren, sei zu begrüßen. In den Mittelpunkt der Diskussion müsse allerdings der Präventionsgedanke gerückt werden.
Aus der Sicht von Oliver Brand, Lehrstuhlinhaber von der Universität Mannheim, greift der Antrag zwar einen dringenden Handlungsbedarf auf. Da die Bereitschaft, freiwillig Versicherungsschutz gegen Elementarschäden zu suchen, nicht stark ausgeprägt sei, scheine eine Pflichtversicherung auf den ersten Blick ein probates Mittel, dem Problem abzuhelfen. Im Ergebnis sei eine Pflicht aber nicht unbedingt zu befürworten. Das liege vornehmlich an den mit einer Pflichtversicherung verbundenen Kosten-Risiken für die Versicherten.
Anja Käfer-Rohrbach, stellvertretende Hauptgeschäftsführerin des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft, gab wiederum zu bedenken, dass eine singuläre Pflichtversicherungslösung, wie sie die Bundesländer forderten, zu explodierenden und letztlich unbezahlbaren Prämien für die Verbraucher führen würde und sich die Versicherer infolge des Klimawandels langfristig aus dem Markt der Naturgefahrenversicherung zurückziehen oder ihn gänzlich aufgeben würden.
Mit Blick auf die Naturkatastrophenversicherung in Deutschland bestätigte auch Ernst Rauch, Chefklimatologe der Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft Munich Re, dass es zwar eine hohe Absicherungsquote gegen Sturm und Hagel gebe, aber eine erhebliche Versicherungslücke gegen Überschwemmung und weitere Elementargefahren. Nur mit einem angemessenen Preis würden hier Anreize für bessere Vorbeugemaßnahmen geschaffen, die Extremwetter dann zu deutlich reduzierten Schäden und damit zu einer finanziellen Entlastung der Gesellschaft führen würden. Der Staat könne die Versicherbarkeit und den Preis für Versicherungsschutz durch staatliche Präventionsmaßnahmen sehr positiv beeinflussen.