Putschversuch in Türkei – Hunderte erhalten lebenslange Haftstrafe

Mehr als vier Jahre nach dem Putschversuch in der Türkei hat ein Gericht in Ankara Urteile gegen Hunderte Beteiligte gefällt. Insgesamt seien 337 Menschen zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt worden, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu am 26.11.2020. 60 weitere hätten Gefängnisstrafen zwischen 6 und knapp 17 Jahren erhalten. In dem Hauptverfahren seien 475 Menschen angeklagt gewesen, darunter auch Anführer.

Verurteilung zu Haft unter erschwerten Bedingungen

Alle Verurteilten seien rund um den Luftwaffenstützpunkt Akinci an dem Putsch beteiligt gewesen, hieß es. Von dort aus wurde dieser geleitet. Das Gericht sprach unter anderem wegen "Umsturzversuchs", "Attentats auf den Präsidenten" und "vorsätzlicher Tötung" Strafen von bis zu 79-facher lebenslänglicher Haft unter erschwerten Bedingungen aus. Unter den Verurteilten seien hochrangige Militärs, Piloten und Zivilisten. 70 Menschen wurden freigesprochen. 

250 Menschen starben bei Aufstand im Juli 2016

Am Abend des 15.07.2016 hatten Teile des Militärs gegen die Regierung Erdogan geputscht. In Istanbul und der Hauptstadt Ankara gab es Gefechte zwischen Putschisten und staatstreuen Sicherheitskräften. Die Putschisten setzten Panzer und Kampfjets ein und feuerten unter anderem auf Zivilisten, die sich ihnen entgegenstellten und damit einem Aufruf Erdogans folgten. Auch das Parlamentsgebäude in Ankara wurde beschossen. Der Luftwaffenstützpunkt Akinci in der Nähe der Hauptstadt war dabei eine wichtige Basis der Umstürzler in der Putschnacht. Mehr als 250 Menschen wurden getötet, 2.000 verletzt. Der Aufstand wurde schließlich niedergeschlagen.

Höchststrafen unter anderem wegen geplanten Attentats auf den Präsidenten

Höchststrafen erhielten zum Beispiel Piloten, die in der Nacht etwa das Parlament und das Polizeihauptquartier bombardiert haben sollen. Auch vier Männer, die dem Gericht nach ein Attentat auf den Präsidenten geplant hatten, wurden zu 79-facher lebenslanger Haft verurteilt. Der Prozess hatte am 01.08.2017 begonnen.

Suche nach Putsch-Beteiligten hält an

Die Türkei macht den in den USA lebenden Prediger Fethullah Gülen für den Putschversuch verantwortlich. Gülen weist das zurück. Der türkische Innenminister Süleyman Soylu sagte der Nachrichtenagentur zufolge am 26.11.2020, dass bis zum heutigen Tag 292.000 Menschen in Einsätzen gegen die Gülen-Bewegung festgenommen wurden, 96.000 seien verhaftet worden. Die Suche nach Beteiligten geht seit 2016 ohne Unterlass weiter.

Redaktion beck-aktuell, 26. November 2020 (dpa).