Prozessuales im Familienrecht vom Bundesgerichtshof

Der für das Familienrecht zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute drei Leitsatzentscheidungen veröffentlicht, die sich vornehmlich mit prozessualen Fragen beschäftigen. Sie drehen sich um die Hilfsaufrechnung, um die Übersetzung von Urkunden im Auskunftsprozess und um das rechtliche Gehör von Betreuten.

Hilfsaufrechnung kann bis zur Rechtskraft der streitentscheidenden Entscheidung zurückgenommen werden

Verteidigt sich der Antragsgegner unter anderem mit der hilfsweisen Aufrechnung gegen die streitgegenständliche Zahlungsklage, so kann er diese Aufrechnungserklärung solange zurücknehmen, bis der Streit rechtskräftig entschieden worden ist. Eine hilfsweise Aufrechnung entfalte nur dann eine Wirkung, wenn die Klageforderung begründet sei. Solange also die Zahlungsklage unbegründet sei, sei sie nach der in der Zivilprozessordnung geltenden Dispositonsmaxime frei rücknehmbar.

Urkunden in Auskunftsklage müssen nicht in deutscher Sprache vorgelegt werden

Legt der Unterhaltsschuldner in der Auskunftsklage Belege seiner Einkünfte in einer Sprache vor, die die gegnerische Partei versteht, müssen diese Belege von ihm nicht in die deutsche Sprache übersetzt werden. Lasse der Auskunftsverpflichtete diese Urkunden dennoch übersetzen, habe er keinerlei Anspruch auf Erstattung dieser Kosten, denn die Vorlage von übersetzten Urkunden sei nach dem Gesetz nicht geschuldet. In der sich anschließenden Leistungsklage obliege es der Antragstellerin, die Urkunden gegebenenfalls für das Gericht übersetzen zu lassen. Wenn auch das Gericht dieser nichtdeutschen Sprache mächtig sei, sei die Übersetzung gänzlich hinfällig.

Sachverständigengutachten muss der Betreuten zugänglich gemacht werden

Der Bundesgerichtshof stärkt erneut die Rechte von Betreuten, indem er entschieden hat, dass die Verlängerung der Betreuung auf der Basis eines Sachverständigengutachtens nicht ergehen kann, ohne dass die Betreute Gelegenheit bekommt, das Sachverständigengutachten zu lesen und zu verstehen. Ist es der Betreuten nicht möglich, das Gutachten zu verstehen, muss ihr ein Verfahrenspfleger bestellt werden und diesem gerichtlich aufgegeben werden, das Gutachten mit der Betreuten zu besprechen. Die Betreute, der das Gutachten nur im Anhörungstermin kurz vorgelegt wurde und die nicht in der Lage war, dieses zu verstehen, rügte zu Recht die Verletzung rechtlichen Gehörs.

BGH, Beschluss vom 11.03.2020 - XII ZB 496/19

Redaktion beck-aktuell, 18. Mai 2020.