Prozesse gegen Bausparkassen: Verbraucherschützer machen weiter Druck

Seit 2015 setzt die Bausparbranche auf massenhafte Kündigungen, um gut verzinste Altverträge loszuwerden. Das ist rechtlich wasserdicht, urteilte Karlsruhe im Februar 2017. Nun gibt es neue Prozesse – wegen einer anderen, schnelleren Art und Weise, Altverträge loszuwerden.

Kündigung wegen unterbliebener Umwandlung in Darlehen

So beginnt vor dem Karlsruher Landgericht ein Verfahren der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg gegen die Bausparkasse Badenia. Es geht hierbei um eine Klausel, der zufolge das Finanzinstitut zukünftig Verträge 15 Jahre nach Abschluss kündigen kann – und zwar wenn diese nicht wie eigentlich üblich in Darlehen gewandelt worden sind. Diese Klausel sei unzulässig und der Verbraucher werde benachteiligt, sagte der Bausparexperte der Verbraucherzentrale Niels Nauhauser. Seine Organisation hatte die Klage eingereicht. Die Badenia hält die in einem Tarif festgeschriebene Klausel für legal und angemessen. Man werde weiterhin daran festhalten, sagte ein Unternehmenssprecher.

Sparer wegen Niedrigzinsphase nicht an Darlehen interessiert

Bausparen besteht aus zwei Phasen: Nachdem die Kunden Geld angespart haben, können sie ein Darlehen bekommen. Angesichts der aktuellen Niedrigzinsphase ist der vor langer Zeit festgelegte Kredit-Zinssatz derzeit aber nicht mehr attraktiv – daher wollen viele Verbraucher den Kredit gar nicht, zum Missfallen der Finanzinstitute. Seit 2015 kündigen sie massenhaft Altverträge und beziehen sich dabei auf einen Paragrafen im Bürgerlichen Gesetzbuch. Diese Praxis ist laut einem Urteil des Bundesgerichtshofs legal.

Vertragliche Kündigungsklausel beschäftigt Gerichte

Am Karlsruher Landgericht ist nun die Kündigungsklausel Thema, die direkter Bestandteil von Verträgen ist. Sie ist ein anderer Weg für die Institute, Altkunden loszuwerden – und zwar, je nach Vertrag, etwa zwei bis fünf Jahre schneller als mit dem Bezug auf den BGB-Paragrafen. Zu einer Kündigung genutzt wurde die Klausel zwar noch nicht – die Landesbausparkasse Baden-Württemberg führte sie als erstes Institut 2005 ein, frühestens 2020 könnte es also auf dieser Basis zu Kündigungen kommen. Die Badenia setzt gar erst seit 2015 auf die Klausel, zur Kündigung genutzt werden könnte sie also erst 2030. Aus Sicht von Verbraucherschützer Nauhauser ist es dennoch wichtig, diesem Vorhaben schon jetzt einen Riegel vorzuschieben. "Damit das Kind gar nicht erst in den Brunnen fällt und der Verbraucher nicht erneut von den Bausparkassen benachteiligt wird."

Kassen stehen andere Wege zur Kündigung zur Verfügung

Er wies darauf hin, dass die Kassen andere Wege zur Kündigung hätten. "Die Finanzinstitute könnten die vereinbarte Regelsparrate einfordern – dann wäre ein Bausparvertrag je nach Tarif binnen 15 Jahren voll bespart und könnte ganz legal gekündigt werden." Voll bespart heißt, dass die Bausparsumme komplett als Guthaben genutzt wird und zu gar keinem Teil als Darlehen – dann ist eine Kündigung völlig unstrittig.

Verbraucherzentrale klagt gegen alle drei Institute

Gegen alle drei Institute – die Badenia, die LBS und den Verband – klagt die Verbraucherzentrale. Das Verfahren in Karlsruhe wird am 26.06.2017 eröffnet, mit einem Urteil am selben Tag wird nicht gerechnet. Die Verfahren an den Landgerichten Berlin und Stuttgart sollen bis zum Herbst 2017 starten.

Bausparbranche hält Klausel für rechtens

Die Bausparbranche ist von der Rechtmäßigkeit der Klausel überzeugt. Verbraucherschützer hätten den Kassen jahrelang vorgeworfen, die Möglichkeit zur Kündigung nicht vorab in Verträge geschrieben zu haben. "Nun haben wir es getan – und genau das wird uns vorgeworfen, das ist absolut unverständlich", sagte ein Sprecher des Verbandes der Privaten Bausparkassen. Er wies darauf hin, dass Bausparverträge in der Regel nach sieben bis zehn Jahren zuteilungsreif würden – danach hätte der Sparer also noch genug Zeit, um ein Darlehen in Anspruch zu nehmen, bevor ihm möglicherweise gekündigt würde. Zudem betonte der Sprecher, dass die Bankenaufsicht Bafin die Vorgaben genehmigt habe.

Redaktion beck-aktuell, 26. Juni 2017 (dpa).

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