XXL-Prozess gegen Christina Block wegen Kindesentführung startet

Zwei Kinder der Hamburger Unternehmerin Christina Block leben bei ihrem Ex-Mann in Dänemark. Anfang 2024 wurden sie gewaltsam zur Mutter gebracht. Ab Freitag geht es in einem Prozess um Kindesentführung.

In einer Nacht-und-Nebel-Aktion wurden in der Silvesternacht 2023/24 zwei Kinder der Gastronomie-Unternehmerin Christina Block (52) von Dänemark nach Deutschland gebracht. Entführt, sagt die Staatsanwaltschaft. Zwei Tage später waren der Junge und das Mädchen bei ihrer Mutter, die sich seit Jahren um das Sorgerecht mit ihrem Ex-Mann streitet. Wegen der mutmaßlichen Entführung beginnt am 11. Juli ein Prozess am LG Hamburg, unter anderem gegen Block und ihren Lebensgefährten, den Fernsehmoderator Gerhard Delling (66).

Die Tochter des Gründers der Restaurantkette Block House, Eugen Block, kämpft seit Jahren um ihre 2010 geborene Tochter und den 2013 geborenen Sohn. Beide Kinder leben seit 2021 bei ihrem Vater Stephan Hensel (51) in Dänemark. Nach Ansicht der Hamburger Staatsanwaltschaft behielt er sie nach einem Wochenendbesuch widerrechtlich bei sich. Die geschiedenen Eheleute haben zwei weitere ältere Kinder, von denen eine Tochter beim Vater und eine bei der Mutter lebt.

Was ist über die Tat bekannt?

Laut Staatsanwaltschaft lauerten in der Silvesternacht 2023/24 mindestens fünf Männer dem Vater und den Kindern in Süddänemark auf. Die Täter sollen Hensel zusammengeschlagen und die Kinder in ein Auto gezerrt haben. Die dänische Polizei hatte seinerzeit mitgeteilt, der Vater sei beim Beobachten eines Feuerwerks mit den Kindern in dem Ort Gråsten (Gravenstein) angegriffen worden. Die Täter seien in zwei Autos mit deutschen Kennzeichen geflohen.

Nach Angaben der Hamburger Staatsanwaltschaft sollen die Entführer die Fahrzeuge in der Nähe der Grenze gewechselt haben. Dabei verschlossen sie den Kindern mit Klebeband den Mund. Die damals 13-jährige Tochter sei an den Händen gefesselt worden. Mit einem Wohnmobil fuhr die Gruppe weiter nach Baden-Württemberg. Dort sollen die Kinder bis zum Eintreffen der Mutter am 2. Januar 2024 festgehalten worden sein.

Schon am 5. Januar 2024 entschied das OLG Hamburg aufgrund eines Eilantrags des Vaters, dass ihm die Kinder zurückgegeben werden müssen. Das geschah am selben Tag. Er erhielt mit der einstweiligen Anordnung das alleinige Aufenthaltsbestimmungs- und Erziehungsrecht.

Ist die Mutter Täterin oder selber Opfer?

Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft hat die Mutter zusammen mit einem 63-jährigen Deutschen den Auftrag erteilt, ihre beiden Kinder gewaltsam der Obhut des ebenfalls sorgeberechtigten Vaters zu entziehen. Die Anklage gegen Block und den 63-Jährigen lautet auf gemeinschaftliche schwere Entziehung von Minderjährigen in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und Freiheitsberaubung. Der Mutter wird zudem schwere Misshandlung von Schutzbefohlenen vorgeworfen.

Der Verteidiger erzählt eine andere Geschichte: Otmar Kury wirft der Staatsanwaltschaft Rechtsfehler, Voreingenommenheit und nicht nachvollziehbare Verdächtigungen vor. Der Vater habe die Kinder 2021 nach Dänemark entführt. Das OLG habe danach angeordnet, dass er die Kinder sofort zurückzubringen habe, und es habe der Mutter damals das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht zugeordnet. Nach Angaben eines Gerichtssprechers handelte es sich bei der Entscheidung um eine einstweilige Anordnung. Die Kinder blieben, wo sie waren.

"Nach den durch Frau Block und mich geführten Ermittlungen wurde festgestellt, dass die Großmutter, die ihre Enkel liebte, und unter der rechtswidrigen Entführung der beiden Enkel schwerste, psychische Schäden erlitten hatte, den Auftrag wohl erteilt hatte, die Kinder aus Dänemark wieder zurückzuholen", sagte Kury der Deutschen Presse-Agentur in Hamburg im Mai. Die Großmutter starb gut fünf Monate vor der Tat.

Blocks zweiter Verteidiger Ingo Bott erklärte in der vergangenen Woche, die Entwicklung an Silvester habe Christina Block damals vollkommen unvorbereitet getroffen. "Verantwortlich dafür war eine Gruppe von Personen, die zuvor Sicherheitsdienstleistungen für das Unternehmen der Familie Block erbracht hatte", hieß es in einer Mitteilung. "Es spricht viel dafür, dass es dieser Gruppe darum ging, Geschäfte mit der Hoffnung und der Angst meiner Mandantin zu machen." Christina Block habe diese Aktion nicht veranlasst. Es sei aber auch nicht auszuschließen, dass ihre Mutter die Gruppe bezahlt habe.

Zahlreiche weitere Beteiligte

Der Sportjournalist und Fernsehmoderator soll die Anreise von Christina Block nach Baden-Württemberg organisiert und ihre Rückkehr mit den Kindern nach Hamburg koordiniert haben. Delling wird zudem verdächtigt, gegenüber Kriminalbeamten falsche Angaben gemacht zu haben. Er ist wegen Beihilfe angeklagt. Das Gericht hat darauf hingewiesen, dass auch eine Verurteilung als Mittäter in Betracht komme. Dellings Verteidiger David Rieks erklärte: "Die gegen meinen Mandanten in den Raum gestellten Verdachtsbehauptungen sind sachlich und rechtlich unzutreffend."

Ein 35-jähriger Israeli soll zusammen mit fünf weiteren Männern direkt an der Entführung beteiligt gewesen sein, seit Anfang November sitzt er in Untersuchungshaft. Ein 58-jähriger Deutscher soll als Leiter eines Hamburger Sicherheitsunternehmens für eine Bewachung des Anwesens von Christina Block gesorgt haben, um eine Flucht der Kinder zu verhindern. Er ist angeklagt wegen Beihilfe zur gemeinschaftlichen schweren Entziehung Minderjähriger in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und Freiheitsberaubung. Demselben Vorwurf müssen sich eine Frau (49) und ein Mann (56) aus dem Umfeld von Christina Block stellen.

Die Kinder und der Vater werden als Nebenkläger in dem Prozess vor einer Jugendschutzkammer von Anwälten vertreten. Hensel hat angekündigt, den Prozess persönlich verfolgen zu wollen und nach dpa-Informationen will die 14-jährige Tochter öffentlich vor Gericht gegen ihre Mutter aussagen.

Was ist die Vorgeschichte?

Der Sorgerechtsstreit zwischen Block und ihrem Ex-Mann beschäftigte zuletzt auch das BVerfG. Die Karlsruher Richter wiesen eine Beschwerde von Block ab. In der veröffentlichten Begründung hieß es, alle vier gemeinsamen Kinder hätten nach der Trennung des Paares 2014 und der Scheidung 2018 zunächst bei der Mutter gelebt. Für Besuche bei dem Vater gab es seit 2015 eine Umgangsregelung. Im Juli 2021 zog die älteste Tochter im Einvernehmen mit der Mutter zu ihrem Vater.

Seit August 2021 leben die beiden jüngsten Kinder beim Vater. Nach einem Wochenendbesuch hatte er mitgeteilt, dass er sie wegen "kindeswohlgefährdenden" Verhaltens der Mutter nicht zurückbringen werde. Über die genauen Vorwürfe ist offiziell nichts bekannt. Im Herbst 2021 sprach das OLG der Mutter vorläufig das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht zu und verpflichtete den Vater zur Herausgabe der Kinder an die Mutter.

Als einziges EU-Land erkennt Dänemark Entscheidungen von Gerichten anderer Mitgliedsländer in Sorgerechtsstreitigkeiten nicht automatisch an. Ende 2021 erklärte ein dänisches Amtsgericht die Vollstreckung der deutschen Entscheidung für unzulässig. Block stellte 2022 in Dänemark einen Antrag auf Rückführung ihrer Kinder, und zwar nach dem dänischen Kindesentführungsgesetz. Daraufhin habe im Februar 2023 ein Gericht festgestellt, dass der Junge und das Mädchen zwar widerrechtlich nach Dänemark gebracht worden seien, sie aber nicht zurückgeführt werden könnten.

Das Hamburger Familiengericht erklärte sich im Oktober 2023 für nicht zuständig. Diese Entscheidung wurde Ende November vom OLG Hamburg unterstützt. Dasselbe Gericht wies im Februar 2024 eine Beschwerde von Block zurück und stellte darin wie das dänische Gericht fest, dass aufgrund der konstanten Äußerungen der Kinder, beim Vater leben zu wollen, ein Wechsel nicht erzwungen werden könne. Beide Kinder hätten sich an ihrem neuen Aufenthaltsort sozial integriert und sprächen Dänisch.

Auch dem Vater droht noch ein Prozess

Die Hamburger Staatsanwaltschaft hat Anklage gegen den Vater und dessen neue dänische Ehefrau wegen Entziehung Minderjähriger erhoben. Die Eröffnung eines Prozesses lehnte das Amtsgericht ab. Doch dagegen legte die Staatsanwaltschaft erfolgreich Beschwerde ein.

Hensels Anwalt Philip von der Meden argumentiert, der Vater habe seine Kinder vor Gewalt geschützt. Er erklärte 2024: "Sollte es zu einer Hauptverhandlung kommen, halte ich einen Freispruch für meinen Mandanten für zwingend. Seine Kinder vor Gewalt zu schützen, darf nicht strafbar sein."

Blocks Anwalt Kury erklärte zu den Vorwürfen gegen seine Mandantin: "In den familiengerichtlichen Verfahren ist das Gegenstand, und die Mutter hat auch immer gesagt, dass sie die Kinder natürlich nicht geschlagen hat, und es gibt keine Beweise dafür." Psychologen hätten immer wieder festgestellt, dass die Kinder durch den Vater schwer beeinflusst worden seien.

Redaktion beck-aktuell, kw, 10. Juli 2025 (dpa).

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