Prominenter "Cumhuriyet"-Journalist aus Untersuchungshaft entlassen

Nach elf Monaten Untersuchungshaft ist ein wegen Terrorverdacht angeklagter prominenter Journalist der Zeitung "Cumhuriyet" freigelassen worden. Ein Gericht in Istanbul habe am Abend des 25.09.2017 entschieden, den Kolumnisten Kadri Gürsel bis zu einem Urteil unter Auflagen auf freien Fuß zu setzen, meldeten die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu und die regierungskritische "Cumhuriyet". Noch in der Nacht wurde Gürsel aus dem Gefängnis Silivri westlich von Istanbul entlassen, wie die Nachrichtenagentur DHA berichtete. Auf einem DHA-Video war zu sehen, wie Gürsels Ehefrau und seine Kollegen vor dem Gefängnistor warten und den Journalisten nach der Freilassung umarmen.

Gericht bewertet U-Haft im Fall Gürsel U-Haft als unangemessen

Anadolu berichtete, aus Sicht des Gerichts hätte eine Fortdauer der U-Haft für Gürsel "eine unangemessene Maßnahme" dargestellt. Es begründete die Freilassung unter anderem auch damit, dass die Gefahr von Verschleierung von Beweisen nicht bestehe.

Vier andere "Cumhuriyet"-Mitarbeiter noch in Untersuchungshaft

Gürsel bedankte sich nach Angaben von DHA nach seiner Freilassung bei seinen Unterstützern, erinnerte aber auch daran, dass noch vier andere "Cumhuriyet"-Mitarbeiter in Untersuchungshaft sitzen. "Es gibt nichts worüber man sich zu sehr freuen kann. Es gibt "Cumhuriyet"-Mitarbeiter, die wegen ungerechten und gegenstandslosen Anschuldigungen in Haft sind", sagte er laut DHA. Bei den vier anderen inhaftierten "Cumhuriyet"-Mitarbeitern handelt es sich um Chefredakteur Murat Sabuncu, Herausgeber Akin Atalay, den Investigativjournalisten Ahmet Sik und den Buchhalter Emre Iper. Insgesamt sind 18 "Cumhuriyet"-Mitarbeiter angeklagt. Ihnen wird die Unterstützung verschiedener Terrororganisationen vorgeworfen. Anadolu berichtete, der "Cumhuriyet"-Prozess werde am 31.10.2017 fortgesetzt.

International Press Institute hält Verfahren für politisch motiviert

Gürsel gehört zu den prominentesten Angeklagten. Er gehört dem Vorstand des International Press Institute (IPI) an. Das IPI hatte kritisiert, durch die lange U-Haft würden die Angeklagten bestraft, ohne verurteilt worden zu sein. Das Verfahren sei "politisch motiviert" und diene dazu, Kritiker der Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdogan mundtot zu machen. Gürsel und die anderen Angeklagten hatten die gegen sie erhobenen Vorwürfe stets zurückgewiesen. Gürsel hatte beim vorhergehenden Verhandlungstag vor zwei Wochen gesagt: "Der Grund, warum ich hier in Untersuchungshaft sitze, ist, dass ich ein hinterfragender, kritischer, unabhängiger und oppositioneller Journalist bin."

Redaktion beck-aktuell, 26. September 2017 (dpa).

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