Projekt "Geldverwaltung statt Ersatzfreiheitsstrafe" wird auf Landgerichtsbezirk Verden ausgeweitet

Die Niedersächsische Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz (Grüne) setzt sich dafür ein, dass Geldschuldner vor einer Freiheitsstrafe bewahrt werden. Am 05.09.2017 hat sie mit der Anlaufstelle für Straffällige in Delmenhorst den offiziellen Startschuss für das Projekt "Geldverwaltung statt Vollstreckung von Ersatzfreiheitsstrafe" für den Landgerichtsbezirk Verden gegeben. Damit steht das Angebot jetzt in zehn von elf Landgerichtsbezirken in Niedersachsen das zur Verfügung. Für die Ausweitung des Projekts auf den Landgerichtsbezirk Verden seien für die Jahre 2017 und 2018 zusätzliche Mittel durch den Landtag bereit gestellt worden, heißt es in einer Mitteilung des Niedersächsischen Justizministeriums.

Haftkosten stehen oft nicht im Verhältnis

Das Strafgesetz sieht im Wesentlichen zwei Sanktionen vor: Freiheitsstrafen und Geldstrafen. Bei mittellosen Verurteilten, die die Geldstrafen nicht bezahlen können, laufe dies in der Praxis häufig auf Ersatzfreiheitsstrafen hinaus, so das Ministerium. Wird eine Geldstrafe nicht bezahlt, trete anstelle eines Tagessatzes ein Tag Freiheitsstrafe (§ 43 StGB). Die daraus erwachsenden kurzen Freiheitsstrafen und die damit entstehenden Haftkosten stünden häufig nicht im Verhältnis. "Verurteilte, die ihre Geldstrafe nicht bezahlen können, gehören nicht ins Gefängnis. In der kurzen Zeit ihres Aufenthalts kann der Grundgedanke der Resozialisierung nicht verwirklicht werden. In solchen Fällen schadet die Haft", betonte Niewisch-Lennartz.

Betreuende Geldverwaltung zur Abzahlung der Geldstrafe in Raten

Die Anlaufstellen für Straffällige führen das Projekt "Geldverwaltung statt Vollstreckung von Ersatzfreiheitsstrafe" seit 2010 landesweit durch. Sie bieten zu einer Geldstrafe verurteilten Personen betreuende Geldverwaltung an. Ziel sei, sie bei der Zahlung ihrer Geldstrafen zu unterstützen und auf diese Weise Ersatzfreiheitsstrafen wegen Nichtzahlung zu vermeiden. Die Anlaufstellen ermitteln mit dem Verurteilten gemeinsam eine nachhaltig tragbare Ratenhöhe und schlagen diese der Staatsanwaltschaft zur Zahlung der Geldstrafe vor. Der Verurteilte tritt zur Gewährleistung einer erfolgreichen Ratenzahlung seine Einkünfte, in der Regel die Ansprüche auf Sozialleistungen, ab. Die Zahlung der Raten erfolgt dann über die Anlaufstellen.

Haftkosten in Millionenhöhe eingespart

Nach Angaben des Ministeriums wurden im Jahr 2016 durch die Anlaufstellen für Straffällige landesweit 1.923 zu Geldstrafen Verurteilte betreut. Davon seien 23,7% der Betreuungen erfolgreich abgeschlossen, 73,9% der Fälle seien bereits teilweise erfolgreich; lediglich 2,4% seien gescheitert. Der Gesamtbetrag der von den Anlaufstellen an die Staatsanwaltschaften überwiesenen Summe der Geldstrafen habe sich im Jahr 2016 auf rund 486.000 Euro belaufen. Außerdem hätten durch die Vermeidung der Vollstreckung von Ersatzfreiheitsstrafen allein im Jahr 2016 rund vier Millionen Euro an Haftkosten eingespart werden können. Ein Hafttag verursache in Niedersachsen Kosten von rund 150 Euro.

Redaktion beck-aktuell, 6. September 2017.

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