Portoerhöhung für Standardbriefe im Jahr 2016 war rechtswidrig

Die Erhöhung des Entgelts für die Beförderung von Standardbriefen von 0,62 Euro auf 0,70 Euro für den Zeitraum von 2016 bis 2018 war rechtswidrig. Die Bundesnetzagentur hätte der Deutschen Post AG die beantragten Erhöhungen nicht anhand einer Vergleichsmarktbetrachtung genehmigen dürfen, weil es an der Ermächtigungsgrundlage für die zugrunde gelegte Verordnung gefehlt habe, entschied das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig mit Urteil vom 27.05.2020.

Bundesnetzagentur genehmigte Entgelterhöhung nach Vergleichsmarktbetrachtung

Die genehmigten Entgelterhöhungen für die Jahre 2016 bis 2018 sind vor allem darauf zurückzuführen, dass die Bundesregierung als Verordnungsgeber im Jahr 2015 einen neuen Maßstab für die Ermittlung des Gewinnzuschlags eingeführt hat. Sie hat die Postentgeltregulierungsverordnung dahingehend geändert, dass sich der Gewinnzuschlag nicht mehr nach dem unternehmerischen Risiko, das heißt, nach der angemessenen Verzinsung des eingesetzten Kapitals, bemisst, sondern Ergebnis einer Vergleichsmarktbetrachtung ist. Maßgebend sind die Gewinnmargen solcher Unternehmen, die in anderen europäischen Ländern auf vergleichbaren Märkten tätig sind. Die Briefmärkte der Mitgliedstaaten der Europäischen Union sind ausnahmslos dadurch gekennzeichnet, dass die früheren staatlichen Monopolunternehmen nach wie vor eine marktbeherrschende Stellung innehaben. Dementsprechend hat die Bundesnetzagentur auf die nach dem Geschäftsumfang gewichteten Umsatzrenditen dieser Unternehmen abgestellt. Die von einem Zusammenschluss anderer Postunternehmen in der Rechtsform eines Vereins erhobene Klage gegen die Genehmigung der Entgelterhöhung wurde abgewiesen.

BVerwG: Entgeltgenehmigung der Bundesnetzagentur war rechtswidrig

Das Bundesverwaltungsgericht hat nunmehr auf die Sprungrevision des Klägers das erstinstanzliche Urteil geändert und die angefochtene Entgeltgenehmigung aufgehoben. Die Entgeltgenehmigung sei rechtswidrig und verletze daher den Kläger als Kunden der Beigeladenen in seinem grundgesetzlich geschützten Recht, den Inhalt von Verträgen autonom auszuhandeln.

Gewinnmarge von Vergleichsunternehmen durfte postgesetzlich nicht berücksichtigt werden

Die Rechtswidrigkeit folge daraus, dass die im Jahr 2015 erlassenen Bestimmungen der Postentgeltregulierungsverordnung über die Ermittlung des unternehmerischen Gewinns durch eine Vergleichsmarktbetrachtung unwirksam seien. Sie seien nicht durch eine Verordnungsermächtigung des Postgesetzes gedeckt gewesen. Der seit 1998 unverändert geltende postgesetzliche Entgeltmaßstab der Effizienzkosten für den Gewinnzuschlag stelle auf die angemessene Verzinsung des eingesetzten Kapitals des regulierten Unternehmens ab. Dieser Kostenbegriff erfasse keinen Gewinnzuschlag, der sich an Gewinnmargen vergleichbarer Unternehmen auf vergleichbaren anderen Märkten orientiere.

BVerwG, Urteil vom 27.05.2020 - 6 C 1.19

Redaktion beck-aktuell, 28. Mai 2020.