Polnische Justizreform: EU-Kommission hält an Vertragsverletzungsverfahren fest

Im Streit um die polnischen Justizreformen treibt die EU-Kommission ein Rechtsverfahren gegen die rechtskonservative Regierung in Warschau voran. Man habe entschieden, den nächsten Schritt im Vertragsverletzungsverfahren gegen Polen einzuleiten, sagte ein Sprecher der Brüsseler Behörde am 30.10.2020. Die jüngste Antwort der polnischen Behörden habe die Bedenken nicht ausgeräumt. Polen habe zum Fallenlassen des Verfahrens aufgefordert.

Vertragsverletzungsverfahren gegen Polen läuft seit April

Wegen des jüngsten Gesetzes zur Disziplinierung von Richtern hatte die EU-Kommission Ende April das Verfahren gegen Polen eingeleitet. Das Gesetz untergrabe nach wie vor die Unabhängigkeit polnischer Richter, sagte der Kommissionssprecher nun. Man werde nun eine mit Gründen versehene Stellungnahme an die polnische Regierung senden. Falls die Bedenken innerhalb der kommenden zwei Monate nicht ausgeräumt würden, könne die EU-Kommission vor dem Europäischen Gerichtshof klagen.

Kommission: Polnische Richter unter Druck

Das Gesetz sieht unter anderem vor, dass Richter mit Geldstrafen, Herabstufung oder Entlassung rechnen müssen, wenn sie die Entscheidungskompetenz oder Legalität eines anderen Richters, einer Kammer oder eines Gerichts infrage stellen. Auch dürfen sie sich nicht politisch betätigen. Ungeachtet der internationalen Kritik baut die nationalkonservative PiS-Regierung das Justizwesen Polens seit Jahren um und setzt nach Auffassung der EU-Kommission Richter damit unter Druck. Die Reformen landeten schon mehrfach vor dem Europäischen Gerichtshof.

Redaktion beck-aktuell, 2. November 2020 (dpa).