Die nationalkonservative Führung in Polen hat trotz der Kritik aus der EU die Neuordnung der Richterwahl durchgesetzt. Am 07.03.2018 wählte das Parlament in Warschau wählte 15 Richter für den Landesjustizrat, der für die Ernennung von Richtern zuständig ist. Neun Mitglieder hatte die regierende Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) vorgeschlagen, sechs Mitglieder die rechtspopulistische Partei Kukiz 15.
EU sieht Unabhängigkeit des Gerichtswesens in Gefahr
Drei Oppositionsparteien boykottierten die Abstimmung und warfen der Mehrheit vor, die Verfassung zu verletzen. Der Landesjustizrat zählt insgesamt 24 Mitglieder, darunter den Justizminister. Doch bislang waren die Richter in dem Gremium unabhängig von Ihresgleichen gewählt worden. Nun entscheidet der Sejm mit seiner absoluten PiS-Mehrheit. Durch den Umbau der polnischen Justiz, der auch das Verfassungsgericht umfasst, sieht die EU die Unabhängigkeit des Gerichtswesens in Gefahr. Brüssel hat erstmals in der Geschichte ein Vertragsverletzungsverfahren nach Artikel 7 der EU-Verträge eingeleitet. Die polnische Regierung hat zwar Dialogbereitschaft zugesagt, sieht sich aber im Recht. Die PiS argumentiert, die Justiz sei korrupt und müsse reformiert werden.
Redaktion beck-aktuell, 9. März 2018 (dpa).
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Niezgódka, Justizreform in Polen: Angriff der Exekutive auf die Justiz, NJ 2017, 360
von Bonin, Die Rechtsstaatsunion in Gefahr?, EuZW 2017, 785
Leppich, Justizkrise in Polen verschärft sich, DRIZ 2017, 270
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