Po­li­zist darf sich nicht tä­to­wie­ren las­sen
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© Britta Schultejans / dpa
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Ein baye­ri­scher Po­li­zei­voll­zugs­be­am­ter hat kei­nen An­spruch dar­auf, sich tä­to­wie­ren zu las­sen – je­den­falls nicht im sicht­ba­ren Be­reich. Mit die­ser Ent­schei­dung wies das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt am 14.05.2020 die Klage eines Ord­nungs­hü­ters in letz­ter In­stanz ab. Durch das all­ge­mei­ne Per­sön­lich­keits­recht ge­schütz­te in­di­vi­du­el­le In­ter­es­sen des Be­am­ten müss­ten hier ge­gen­über der Not­wen­dig­keit eines ein­heit­li­chen und neu­tra­len Er­schei­nungs­bil­des zu­rück­tre­ten.

Po­li­zist möch­te sich "Aloha" ste­chen las­sen

Das be­gehr­te Tat­too soll­te ver­ziert das Wort "Aloha" wie­der­ge­ben. Die­ses stam­me aus dem ha­waii­ani­schen re­spek­ti­ve po­ly­ne­si­schen Sprach­raum, so der Er­mitt­ler – mitt­ler­wei­le ein stram­mer Mitt­vier­zi­ger –, der mit dem Wunsch nach einer Aus­nah­me­ge­neh­mi­gung beim Po­li­zei­prä­si­di­um Mit­tel­fran­ken ge­schei­tert ist. "Aloha" habe vie­ler­lei Be­deu­tun­gen, so etwa Liebe, Freund­lich­keit, Mit­ge­fühl und Sym­pa­thie, er­läu­tert der Be­am­te in Über­ein­stim­mung mit Wi­ki­pe­dia. Und dies stehe in vol­lem Ein­klang mit der frei­heit­lich-de­mo­kra­ti­schen Grund­ord­nung.

Tä­to­wie­run­gen, Ban­dings, Man­dies

Eine sol­che ver­ba­le Bot­schaft könne je­doch das An­se­hen des Be­am­ten min­dern, be­fan­den hin­ge­gen das VG Ans­bach und der VGH Mün­chen – ge­ra­de bei Ein­sät­zen, bei denen Ge- und Ver­bo­te mit "Po­li­zei­ge­walt" zwangs­wei­se durch­ge­setzt wer­den müss­ten. Zu Recht ver­bie­te das baye­ri­sche In­nen­mi­nis­te­ri­um daher im sicht­ba­ren Be­reich (be­stimmt an­hand der Som­mer­uni­form) "Tä­to­wie­run­gen, Ban­dings, Man­dies (durch Henna ver­ur­sach­te Haut­ver­fär­bun­gen) und Ähn­li­ches". Da half dem Klä­ger auch nicht der Hin­weis, Tat­toos seien kein ver­gäng­li­cher Mo­de­trend: Schon an 7.000 Jahre alten Mu­mi­en seien Haut­ste­che­rei­en ent­deckt wor­den.

Neu­tra­li­täts- und Re­prä­sen­ta­ti­ons­funk­ti­on

Den Vor­in­stan­zen schlos­sen sich nun auch die obers­ten Ver­wal­tungs­rich­ter an. Be­reits im Baye­ri­schen Be­am­ten­ge­setz selbst sei für im Dienst ste­hen­de Po­li­zei­voll­zugs­be­am­te ein "hin­rei­chend vor­her­seh­ba­res und be­re­chen­ba­res Ver­bot für Tä­to­wie­run­gen und an­de­re nicht so­fort ab­leg­ba­re Er­schei­nungs­merk­ma­le" (wie etwa ein Bran­ding oder ein Ohr­tun­nel) in dem Kör­per­be­reich ge­re­gelt, der beim Tra­gen der Uni­form sicht­bar ist. Dies er­ge­be sich aus der Aus­le­gung des Ge­set­zes unter Be­rück­sich­ti­gung der Ge­set­zes­be­grün­dung. Da­nach seien äu­ßer­lich er­kenn­ba­re Tä­to­wie­run­gen und ver­gleich­ba­re auf Dauer an­ge­leg­te Kör­per­mo­di­fi­ka­tio­nen im sicht­ba­ren Be­reich mit der Neu­tra­li­täts- und Re­prä­sen­ta­ti­ons­funk­ti­on von uni­for­mier­ten Po­li­zis­ten un­ver­ein­bar. 

Po­li­zei­ge­werk­schaf­ter be­dau­ert Ent­schei­dung

Jür­gen Köhn­lein, Vi­ze­chef des baye­ri­schen Lan­des­ver­ban­des der Deut­schen Po­li­zei­ge­werk­schaft, be­dau­er­te die Ent­schei­dung. "Da­durch wird zwar Klar­heit hin­sicht­lich sicht­ba­rer Tat­toos bei Po­li­zei­be­am­tin­nen und -be­am­ten ge­schaf­fen, je­doch nicht der ge­wan­del­ten ge­sell­schaft­li­chen Ak­zep­tanz ge­gen­über Tä­to­wie­run­gen Rech­nung ge­tra­gen", mein­te Köhn­lein. Er wies dar­auf hin, dass in der Al­ters­grup­pe der unter 30jäh­ri­gen mitt­ler­wei­le jeder Vier­te tä­to­wiert sei und be­fürch­te­te, dass man sich in ab­seh­ba­rer Zeit bei der Po­li­zei­ein­stel­lung in Bay­ern nicht län­ger den Luxus leis­ten könne, für den Po­li­zei­be­ruf gut ge­eig­ne­te Be­wer­be­rin­nen und Be­wer­ber wegen sicht­ba­rer Tä­to­wie­run­gen zu­rück­zu­wei­sen.

BVerwG, Urteil vom 14.05.2020 - 2 C 13.19

Redaktion beck-aktuell, Joachim Jahn, 14. Mai 2020.

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