Geldstrafen, Herabstufung oder Entlassung drohen
Das neue Gesetz sieht vor, dass Richter mit Geldstrafen, Herabstufung oder Entlassung rechnen müssen, wenn sie die Entscheidungskompetenz oder Legalität eines anderen Richters, einer Kammer oder eines Gerichts infrage stellen. Auch dürfen sie sich nicht politisch betätigen.
Klage vor EuGH möglich
Die EU-Kommission äußerte ihr Missfallen am 04.02.2020 recht offen. "Wir haben unsere Bedenken zu mehreren Gelegenheiten geäußert", sagte ein Sprecher. Nun werde man den endgültigen Text analysieren und prüfen, ob er im Einklang mit EU-Recht stehe. "Die Kommission wird nicht zögern, angemessene Maßnahmen zu ergreifen." Eine solche Maßnahme könnte etwa eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof sein. Auch Verfassungsexperten des Europarats hatten zuletzt ihre Sorge über das Gesetz zum Ausdruck gebracht.
Bereits mehrere Vertragsverletzungsverfahren eröffnet
Die in Polen regierende PiS hat in den vergangenen Jahren das Justizwesen umgebaut. Die EU-Kommission hat wegen strittiger Reformen bereits mehrere Vertragsverletzungsverfahren gegen die Regierung in Warschau eröffnet und Klagen beim EuGH eingereicht.
Neue Richtervereinigung: Ohne Gewaltenteilung kein Rechtsstaat
Auch die Neue Richtervereinigung äußerte sich kritisch zu dem neuen Gesetz. Es sei die essentielle Errungenschaft eines auf Gewaltenteilung beruhenden demokratischen Rechtsstaates, dass Legislative und Exekutive der Kontrolle durch die Judikative unterworfen bleiben. Dies gelte auch im Hinblick auf die Frage, ob einfache Gesetze mit höherrangigem Recht zu vereinbaren seien, heißt es in einer Mitteilung vom 05.02.2020. Es gebe keine Rechtfertigung für die Aufhebung der Unabhängigkeit der Justiz – weder die angeblichen, jetzt plötzlich behaupteten Korruptionsfälle, noch der Umstand, dass die Justiz politisch in weiten Teilen der herrschenden Partei kritisch gegenüber stehe. Ohne Gewaltenteilung kein Rechtsstaat, und ohne die Gewähr einer unabhängigen Justiz könne es keinen einheitlichen europäischen Rechtsraum geben, betonte die Neue Richtervereinigung.
Justizminister kritisiert Proteste der Richter
Mit einem Frontalangriff auf polnische Richter hat dagegen Justizminister Zbigniew Ziobro auf die Kritik an dem neuen Gesetz zur Richter-Disziplinierung reagiert. "Eine einflussreiche Gruppe von Richtern verteidigt ihre Privilegien und hat ihren Gehorsam gegenüber dem Gesetz, der Verfassung und dem polnischen Staat aufgekündigt", sagte Ziobro der Boulevardzeitung "Fakt" (Ausgabe vom 05.02.2020). Diese Richter hätten Millionen von Polen als Geiseln nehmen wollen, indem sie mit Chaos und Anarchie im Justizsystem gedroht hätten. Dank des neuen Gesetzes müsse diese "außergewöhnliche Kaste", die bislang ungestraft das Recht breche, nun mit Konsequenzen rechnen.
Präsident stammt aus Reihen der PiS
Duda stammt aus den Reihen der PiS, ist aber offiziell parteilos, wie es die polnische Verfassung vom Staatsoberhaupt verlangt. Der Präsident hatte in den vergangenen Wochen bereits durchblicken lassen, dass er das Gesetz unterstützt.
Polnische Opposition kritisiert Duda
Die Entscheidung des Präsidenten sei ein Beweis für seine Unselbstständigkeit sowie für die Tatsache, dass er sich der bürgerfeindlichen und antieuropäischen Politik der PiS verschrieben habe, rügte Borys Budka, der Vorsitzende der größten Oppositionspartei, der liberalkonservativen Bürgerplattform. "Das ist der nächste Schritt, um dem Regierungslager Straffreiheit zu garantieren – und Polen absolutes Chaos im Justizwesen. Schämen Sie sich, Herr Präsident", schrieb Budka auf Twitter.
Polens Ombudsmann für Bürgerrechte: "Trauriger Tag für Polen"
"Dies ist ein trauriger Tag für Polen, die EU, den Rechtsstaat und die Rechtssicherheit der Bürger", kritisierte Adam Bodnar, Polens Ombudsmann für Bürgerrechte. Polen habe damit einen Schritt in Richtung eines "rechtlichen Polexits" aus der EU gemacht.
Regierungssprecher zufrieden
Dagegen sagte Regierungssprecher Piotr Müller dem Radiosender Jedynka, dies sei eine sehr gute Nachricht. "Ich freue mich, dass der Präsident sich zu diesem Schritt entschieden hat. Dies ist schließlich ein Element, das das Justizsystem stabilisieren wird." Das neue Gesetz muss nun noch im Gesetzblatt veröffentlicht werden und tritt dann 14 Tage nach der Veröffentlichung in Kraft.