Personalgestellung von Schutzzweck der Leiharbeitsrichtlinie erfasst?

Das Bundesarbeitsgericht hat dem Europäischen Gerichtshof zwei Fragen zur Auslegung der Leiharbeitsrichtlinie vorgelegt. Zum einen soll der EuGH klären, ob die Personalgestellung im Sinne von § 4 Abs. 3 TVöD unter den Schutzzweck und damit in den Anwendungsbereich der Richtlinie fällt. Falls ja, möchte das BAG wissen, ob die Leiharbeitsrichtlinie eine Bereichsausnahme wie die in § 1 Abs. 3 Nr. 2b AÜG geregelte zulässt.

Keine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung

Die Parteien streiten über die Verpflichtung des Klägers, seine vertraglich geschuldete Arbeitsleistung dauerhaft im Wege der Personalgestellung bei einem Drittunternehmen zu erbringen, nachdem sein Aufgabenbereich zu diesem verlagert worden ist. Der Kläger ist bei der beklagten GmbH seit April 2000 beschäftigt. Die Beklagte betreibt ein Krankenhaus, deren Trägerin und einzige Gesellschafterin eine Körperschaft öffentlichen Rechts ist. Sie besitzt keine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) in der für kommunale Arbeitgeber geltenden Fassung Anwendung.

Ausgliederung führte zu Betriebsteilübergang

Im Juni 2018 gliederte die Beklagte verschiedene Aufgabenbereiche, zu denen auch der Arbeitsplatz des Klägers gehört, auf eine neu gegründete Service GmbH aus. Die Ausgliederung führte zu einem Betriebsteilübergang. Der Kläger widersprach nach § 613a Abs. 6 BGB dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die Service GmbH. Seit Juni 2018 erbringt er allerdings auf Verlangen der Beklagten seine vertraglich geschuldete Arbeitsleistung im Wege der Personalgestellung nach § 4 Abs. 3 TVöD bei dieser GmbH. Sein dortiger Arbeitseinsatz ist auf Dauer angelegt. Das zwischen ihm und der Beklagten vereinbarte Arbeitsverhältnis besteht jedoch mit dem bisherigen Inhalt fort. Der Service GmbH obliegt nur das fachliche und organisatorische Weisungsrecht gegenüber dem Kläger. Inhaltsgleiche Regelungen bestehen in den Tarifverträgen für die Tarifbereiche des Bundes und der Länder.

Kläger beklagt Verstoß gegen EU-Recht

Mit seiner Klage hat der Kläger geltend gemacht, sein Einsatz bei der Service GmbH verstoße gegen Unionsrecht. Bei der Personalgestellung im Sinne des § 4 Abs. 3 TVöD handele es sich um eine dauerhafte und damit nach der Richtlinie 2008/104/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19.11.2008 über Leiharbeit rechtswidrige Arbeitnehmerüberlassung. Die Beklagte hat demgegenüber gemeint, die Personalgestellung sei bereits aufgrund der Bereichsausnahme in § 1 Abs. 3 Nr. 2b AÜG keine unzulässige Arbeitnehmerüberlassung. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Das BAG hat den EuGH um Vorabentscheidung ersucht.

BAG, Beschluss vom 16.06.2021 - 6 AZR 390/20 (A)

Redaktion beck-aktuell, 16. Juni 2021.