Vorwürfe gegen Auswahl der CAS-Schiedsrichter nicht hinreichend substantiiert
Der EGMR hat die Behauptung mangelnder Unabhängigkeit und Unvoreingenommenheit des CAS zurückgewiesen. Er führt aus, dass über Pechsteins Fall drei Schiedsrichter entschieden hätten, die aus einer Liste mit fast 300 Kandidaten ausgewählt worden seien. Pechstein habe keine Argumente vorgetragen, die Zweifel an der Unabhängigkeit und Unvoreingenommenheit der Richter auf dieser Liste hätten rechtfertigen können. Außerdem habe Pechstein Zweifel nur an einem einzigen der drei Richter in ihrem Verfahren, dem Vorsitzenden, geäußert, ohne ihre Vorwürfe jedoch ausreichend zu substantiieren.
Einfluss von Sportorganisationen auf Auswahlverfahren erlaubt noch keinen Schluss auf Abhängigkeit der Richter
Der EGMR räumt zwar ein, dass Sportorganisationen einen deutlichen Einfluss auf das Auswahlverfahren der CAS-Schiedsrichter ausgeübt hätten. Aus dieser Tatsache allein könne aber nicht geschlossen werden, dass die Richter abhängig von diesen Organisationen seien.
Pechstein hätte aber öffentliche Anhörung gewährt werden müssen
Der EGMR sieht das Recht auf ein faires Verfahren aber deshalb als verletzt an, weil Pechstein keine öffentliche Anhörung gewährt worden sei. Die Prinzipien zur Öffentlichkeit von Zivilverfahren gölten auch für Schiedsgerichte wie den CAS, so der EGMR.
Pechsteins Anwalt: Urteil könnte Verfahren vor dem BVerfG beeinflussen
Pechsteins Anwalt Simon Bergmann wertete den Richterspruch als Erfolg. "Es ist eine Menschenrechtsverletzung festgestellt worden", sagte Bergmann der Deutschen Presse-Agentur. Das Urteil des CAS wäre seinen Worten zufolge möglicherweise anders ausgefallen, wenn die Öffentlichkeit beteiligt gewesen wäre. Das Straßburger Urteil könnte demnach auch Einfluss auf Pechsteins Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht haben. Die fünfmalige Olympiasiegerin hatte sich im Jahr 2009 vor dem CAS gegen eine zweijährige Sperre wegen auffälliger Blutwerte beschwert, die Pechstein auf eine geerbte Blutanomalie zurückführt. Der CAS hatte die Strafe jedoch bestätigt.