Bedingte Nutzungspflicht des beA
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Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat die Gelegenheit genutzt, um sich in einem Beschluss vom 28.04.2020 in den Streit um die Nutzungspflicht des beA einzuschalten. Tragender Inhalt der Entscheidung war ein erfolgreiches Wiedereinsetzungsgesuch eines Patentanwalts.

Fehler im System

Der eigentliche Fall ist schnell erzählt: Der Patentanwalt wollte seine Berufungsbegründung am letzten Tag der Frist per Fax einreichen. Er begann mit der Übermittlung um 22.59 Uhr, stellte fest, dass die Übermittlung ungewöhnlich langsam lief und sandte den Schriftsatz von 39 Seiten dann parallel über einen Internetdienst. Die letzten vier Seiten gingen nach Mitternacht ein, aber der BGH gewährte mangels Verschulden Wiedereinsetzung.

Das besondere elektronische Anwaltspostfach ließ dem Senat keine Ruhe. Als Überleitung stellte das Gericht fest, dass der Patentanwalt das beA selbst nicht nutzen könne und auch nicht verpflichtet sei, einen Rechtsanwalt für die Versendung zu wecken. Auf dieser Basis wies der BGH darauf hin, dass aus seiner Sicht „zweifelhaft“ sei, ob Rechtsanwälte bei streikendem Fax verpflichtet wären, das beA zu nutzen. Angesichts der vielen Störungen des Systems (die Richter bezogen sich hier auf die zwölf Störungsmeldungen aus dem März 2020 mitten in der Corona-Krise) bestünden Zweifel, ob das System bei Sendungen kurz vor Fristablauf eine höhere Sicherheit böte.

Entgegen OLG Dresden

Damit stellte sich das oberste Gericht gegen die viel diskutierte Entscheidung des OLG Dresden, auf welche die Gründe Bezug nehmen. Das Oberlandesgericht hatte für zeitkritische Sendungen von fristgebundenen Schriftsätzen den rechtzeitigen alternativen Einsatz des beA  als verpflichtend angesehen. Das LG Krefeld war dem gefolgt. Das LG Mannheim hatte sich auf die Gegenseite geschlagen und darauf hingewiesen, dass einer Versendung entgegenstehende technische Schwächen des Nutzers diesem mangels allgemeiner aktiver Nutzungspflicht nicht zur Last gelegt werden dürften.

Auch wenn es sich bei der Entscheidung des BGH zu den technischen Schwächen des Systems um ein sogenanntes obiter dictum handelt, könnte die Entscheidung einen Fingerzeig für die zukünftige Nutzungspflicht des beA geben.

BGH, Beschluss vom 28.04.2020 - X ZR 60/19

Redaktion beck-aktuell, 26. Mai 2020.