Parlamentskrise in Polen: Regierung wirft Opposition Rechtsbruch vor

In der Parlamentskrise in Polen haben Vertreter der rechtskonservativen Regierungspartei PiS am 03.01.2017 der Opposition offenen Rechtsbruch vorgehalten. Demonstrierende Oppositionspolitiker halten seit Mitte Dezember 2016 den Plenarsaal des Sejm in Warschau besetzt. "Sie verstoßen gegen das Strafgesetzbuch", sagte Innenminister Mariusz Blaszczak im Fernsehsender TVP. Vizepremier Piotr Glinski sagte dem Radiosender RMF FM: "Das ist ein Skandal, das ist Rechtsbruch." Auf die Frage, ob die Opposition einen Staatsstreich plane, antwortete er: "Ich denke, dass sie das seit Langem vorhaben."

Kaczynski: Einsatz von Gewalt gegen Parlamentsbesetzer vertretbar

PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski hatte bereits kurz nach Weihnachten von einem "Putschversuch" der Opposition gesprochen. Am Neujahrstag stellte er unter Hinweis auf frühere Vorfälle klar, dass er den Einsatz von Gewalt gegen Parlamentsbesetzer für vertretbar halte. Er fügte jedoch hinzu: "Wir haben nicht vor, Gewalt anzuwenden." Die nächste reguläre Sitzung wird am 11.01.2017 in Warschau stattfinden.

Protest gegen Verabschiedung des Haushalts 2017

Abgeordnete der gemäßigt-konservativen Bürgerplattform (PO) und der liberalen Partei Nowoczesna (Die Moderne, kurz: N) harren seit dem 16.12.2016 im Plenarsaal des Sejms aus, der ersten Kammer des polnischen Parlaments. Sie protestieren damit gegen die ihrer Meinung nach unrechtmäßige Verabschiedung des Haushalts 2017. Während einer Parlamentssitzung hatten Oppositionsabgeordnete das Rednerpult besetzt, um gegen Einschränkungen der Pressefreiheit zu protestieren. Daraufhin zog die PiS-Fraktion geschlossen in einen Nebensaal um und stimmte in Abwesenheit der Opposition für das Budgetgesetz.

Kritik an Auslandsreise des N-Vorsitzenden

Auftrieb erhielt die PiS in dem Streit zu Wochenbeginn durch Medienberichte über eine umstrittene Auslandsreise des N-Vorsitzenden Ryszard Petru. Demnach flog er privat nach Portugal, statt sich an der Sejm-Besetzung zu beteiligen. Innenminister Blaszczak kommentierte dies am 03.01.2017 mit dem Hinweis, der Vorgang zeige, "welch unseriöse Politiker an der Spitze der Opposition stehen".

Redaktion beck-aktuell, 4. Januar 2017 (dpa).

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