Pariser Verfassungsgericht hebt umstrittenen Notstands-Passus zu Aufenthaltsverboten auf

Das Pariser Verfassungsgericht hat am 09.06.2017 einen Passus des geltenden Ausnahmezustands für verfassungswidrig erklärt, der die Behörden ermächtigt, Einzelpersonen den Aufenthalt an bestimmten Orten zu verbieten. Das Gericht hob den Passus allerdings erst mit Wirkung zum 15.07.2017 auf, wenn der Ausnahmezustand nach aktueller Rechtslage ausläuft.

Amnesty International: Beschränkung der Versammlungsfreiheit unter Deckmantel des Anti-Terror-Kampfes

Der Ausnahmezustand war nach den Pariser Terroranschlägen vom November 2015 verhängt worden. Die Möglichkeit der Aufenthaltsverbote war vor allem im Zusammenhang mit Protesten gegen eine umstrittene Arbeitsmarktreform im Jahr 2016 in die Kritik geraten. Bei den monatelangen Demonstrationen war es mehrfach zu Zusammenstößen gekommen. Laut der Menschenrechtsorganisation Amnesty International wurde damals 574 Menschen die Teilnahme an Protesten untersagt. Amnesty warf Frankreich vor, unter dem Mantel des Anti-Terror-Kampfes die Versammlungsfreiheit zu beschränken.

Gericht: Behördliche Sonderrechte zu weit gefasst

Das Verfassungsgericht urteilte, dass das Sonderrecht für die Behörden zu weit gefasst sei: Sie könnten Aufenthaltsverbote gegen jeden verhängen, der das Handeln der Sicherheitskräfte "zu beeinträchtigen sucht". Die Verfassungshüter verzichteten auf eine sofortige Aufhebung, um dem Parlament Zeit zu geben, eine verfassungskonforme Regelung zu beschließen. Frankreich war in den vergangenen zweieinhalb Jahren Ziel mehrerer schwerer Terroranschläge, bei denen fast 240 Menschen ermordet wurden.

Redaktion beck-aktuell, 9. Juni 2017 (dpa).

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