Thüringen muss weiter für Sicherung von DDR-Kali-Gruben zahlen

Der Freistaat Thüringen muss weiterhin jährlich Millionen für Sicherungsarbeiten in zwei stillgelegten DDR-Kali-Gruben im Wartburgkreis zahlen. Dies hat das Oberverwaltungsgericht Weimar entschieden und die Berufung des Freistaats gegen ein entsprechendes Urteil des Verwaltungsgerichts Meiningen zurückgewiesen. Umweltministerin Anja Siegesmund (Grüne) bedauert die Entscheidung und betont, Folgekosten des DDR-Bergbaus seien nicht nur Landessache.

Streit um Kostenlast für Sicherungsarbeiten in DDR-Kali-Gruben

In dem Streit geht es um die Kostenlast für Sicherungsarbeiten in zwei DDR-Kali-Gruben im Wartburgkreis im Rahmen der Altlastensanierung. Der Freistaat Thüringen hatte im Oktober 1999 mit der Rechtsvorgängerin des klagenden Kali-Konzerns K+S und einer Treuhand-Nachfolgegesellschaft, der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS), einen Vertrag über die Freistellung von Sanierungskosten nach dem Umweltrahmengesetz geschlossen. Angesichts der damit verbundenen immensen finanziellen Belastung – laut Umweltministerium belaufen sich die Zahlungen bereits auf mehr als eine halbe Milliarde Euro – begehrte Thüringen eine Anpassung des Freistellungsvertrags, durch die die Sanierungskosten für den Kalibergbau nachträglich auf 409 Millionen Euro zuzüglich 20% beschränkt werden sollten. Bei den Kosten ging es auch um solche für die Beherrschung der "Laugenhaltung" infolge eindringenden Wassers in der Grube Springen. Das Land befürchtet hier "Ewigkeitskosten". Thüringen hatte für die Kostenübernahme zwar Geld vom Bund erhalten, das ist aber seit einigen Jahren aufgebraucht: Im Februar 1999 hatten der Freistaat und die BvS einen Generalvertrag über die abschließende Finanzierung der ökologischen Altlasten in Thüringen geschlossen. Danach war vereinbart, dass die BvS eine Pauschale leistet und der Freistaat die privatisierungsvertragliche Verpflichtung der BvS vollständig übernimmt. Das Verwaltungsgericht Meiningen gab der Feststellungsklage statt. Dagegen legte der Freistaat Berufung ein.

OVG: Freistaat muss Kosten weiter tragen

Laut OVG muss der Freistaat die Kosten für die Sicherungsarbeiten weiterhin tragen. Der Freistellungsvertrag sei wirksam. Der Freistaat habe auch keinen Anspruch auf eine Anpassung des Vertrags. Der Darstellung der von der Freistellung umfassten Maßnahmen liege offensichtlich die Annahme zugrunde, dass die Altlastensanierung ein dynamischer Prozess sei, der eine regelmäßige Fortschreibung erforderlich mache. Erkennbar sei Ziel dieser Maßnahmen die sichere Verwahrung des Grubengebäudes und damit einhergehend die Entlassung aus dem Bergrecht. Die Befürchtung von "Ewigkeitskosten" sei unbegründet. Denn sollte sich irgendwann herausstellen, dass eine sichere Verwahrung unmöglich sei, läge eine Störung der Geschäftsgrundlage des Freistellungsvertrages vor mit der Folge der Notwendigkeit von Nachverhandlungen. Aktuell stelle sich die Laugenhaltung als erforderliche Gefahrenabwehrmaßnahme zur Sicherung des Grubengebäudes bis zur Erreichung des Ziels der sicheren Verwahrung dar. Es gebe gegenwärtig keinen Anhaltspunkt dafür, dass dieses Ziel der sicheren Verwahrung aufgegeben worden sein könnte.

Landessministerin: Folgekosten des DDR-Bergbaus nicht nur Landessache

Thüringens Landesregierung prüft nach Angaben von Umweltministerin Anja Siegesmund (Grüne) nach dem Kali-Urteil weitere rechtliche Schritte. "Die ökologischen Folgekosten des DDR-Bergbaus können nicht nur Sache des Landes alleine sein", äußerte Siegesmund. Sie bedauere, dass das Oberverwaltungsgericht Mängel des Freistellungsvertrags nicht zum Anlass genommen habe, "den Vertrag als nichtig anzusehen oder zumindest die finanzielle Belastung des Landes aus diesem Vertrag zu reduzieren".

Thüringen und Sachsen haben auch BVerfG eingeschaltet

Wegen der hohen Belastungen für den Landeshaushalt hat Thüringen auch Klage beim Verwaltungsgericht Köln gegen die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) als Rechtsnachfolgerin der BvS erhoben. Zusammen mit Sachsen hat sich Thüringen zudem an das Bundesverfassungsgericht gewandt. Erreicht werden soll, dass sich der Bund an den Kosten für die ökologischen Altlasten beteiligt. Das forderte auch der umweltpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Denny Möller. "Es kann nicht sein, dass Thüringen unbegrenzt für Schäden zahlt, die von bundesweiter Tragweite sind", erklärte Möller.

OVG Weimar, Urteil vom 10.12.2021 - 4 KO 700/17

Redaktion beck-aktuell, 13. Dezember 2021 (ergänzt durch Material der dpa).