Regionalplan I in Schleswig-Holstein gekippt

Der Regionalplan für den Planungsraum I in Schleswig-Holstein, der aus Flensburg, Nordfriesland und Schleswig-Flensburg besteht, ist laut Oberverwaltungsgericht Schleswig unwirksam. Bei der Windkraftplanung seien zwei Landschaftsschutzgebiete zu Unrecht ausgeschlossen worden. Dieser Abwägungsmangel mache die zu überprüfende Landesverordnung für den Regionalplan insgesamt unwirksam, so das Gericht.

Landschaftsschutzgebiete von der Flächenauswahl ausgenommen

Der entsprechende Textteil des Regionalplans ist in Kapitel 5.8 enthalten, in dem es um Windenergie an Land geht. Demnach dürfen raumbedeutsame Windkraftanlagen nur in sogenannten Vorranggebieten errichtet und erneuert werden. Grundsätzlich sind bei der Aufstellung der Regionalpläne sind die im Landesentwicklungsplan definierten Grundsätze der Raumordnung zu berücksichtigen. Einer dieser Grundsätze bestimmt, dass die Flächenauswahl für die Vorranggebiete nach bestimmten harten und weichen Tabukriterien sowie Abwägungskriterien erfolgen soll. Eines der weichen Tabukriterien nimmt Landschaftsschutzgebiete von der Flächenauswahl aus. Gleiches gilt für Gebiete, für die durch Einleitung eines Verfahrens zur Unterschutzstellung eine Veränderungssperre ausgelöst worden ist.

Ergänzende Abwägung wäre erforderlich gewesen

Die Voraussetzungen dieses Kriterium hätten, so die Auffassung des OVG, mit Blick auf die beiden als Tabuzonen berücksichtigten Landschaftsschutzgebiete "Wiedingharder- und Gotteskoog" und "Ostenfeld-Schwabstedter Geest mit vorgelagerter Marsch" im Kreis Nordfriesland nicht vorgelegen. Denn die Ausweisung dieser beiden Gebiete habe auf Kreisverordnungen beruht, die ihrerseits bereits durch Urteile des Oberverwaltungsgerichts vom 14.05.2020 für unwirksam erklärt worden seien. Bis zum Inkrafttreten der hier streitigen Landesverordnung am 31.12.2020 habe der Kreis keine Verfahrenshandlungen vorgenommen, die eine erneute Veränderungssperre ausgelöst hätten. Der Ausschluss dieser beiden Gebiete von der Windkraftplanung hätte demnach nur nach einer ergänzenden Abwägung erfolgen können; eine solche sei jedoch unterblieben.

Gesamter Planungsraum betroffen

Der festgestellte Fehler betreffe den gesamten Planungsraum I – bestehend aus den Gebieten der kreisfreien Stadt Flensburg, der Kreise Nordfriesland und Schleswig-Flensburg –, da sich das Verhältnis von Positiv- zu Negativflächen insgesamt verändere und deshalb nicht mit ausreichender Sicherheit angenommen werden könne, dass der Plan mit den übrigen Festsetzungen genauso beschlossen worden wäre. Mithin führe der Abwägungsmangel zur Unwirksamkeit der gesamten zu überprüfenden "Landesverordnung für den Regionalplan für den Planungsraum I in Schleswig-Holstein Kapitel 5.8".

Sieben Normenkontrollanträge und weitere Klage anhängig

Erfolgreiche Antragstellerin in dem Normenkontrollverfahren ist eine Projektgesellschaft, die im nördlichen Kreis Schleswig-Flensburg die Errichtung einer Windkraftanlage plant. Ebenfalls erfolgreich war eine weitere Klägerin in einem zeitgleich verhandelten Verfahren. Die Bürgerwindpark-Gesellschaft hatte vom Landesamt für Umwelt einen positiven Vorbescheid für eine geplante Windkraftanlage im Gebiet "Wiedingharder- und Gotteskoog" begehrt. Mit der Unwirksamkeit des Regionalplans für den Planungsraum I stünden diesem Vorhaben keine Ziele der Raumordnung mehr entgegen, so der Senat. Gegen den Regionalplan für den Planungsraum I sind sieben weitere Normenkontrollanträge und eine weitere Klage anhängig. Im Juni wird sich der Senat außerdem mit den Plänen für die Planungsräume II und III beschäftigen.

OVG Schleswig, Urteil vom 22.03.2023 - 5 KN 53/21

Redaktion beck-aktuell, 23. März 2023.