OVG Schleswig bestätigt Verbot der Anreise auswärtiger Zweitwohnungsbesitzer

Es bleibt bei dem vom Kreis Nordfriesland zur Eindämmung des Coronavirus verfügten Verbot der Anreise zur Nutzung von Zweitwohnungen. Das Oberverwaltungsgericht Schleswig-Holstein in Schleswig hat das Verbot mit Beschlüssen vom 02.04.2020 in zweiter Instanz bestätigt und sich zugleich zu den diesbezüglichen Ausnahmeregelungen geäußert. Es entnimmt den geltenden Regelungen, dass vorerst jede Art vermeidbarer Anreisen zu unterbleiben habe (Az.: 3 MB 8/20, BeckRS 2020, 4961 und 3 MB 11/20, BeckRS 2020, 4960, beide unanfechtbar).

Kontakt ansonsten nicht in Kontakt stehender Personen verhindern

Im Verfahren 3 MB 8/20 führt das OVG nach summarischer Prüfung aus, dass das Anreiseverbot aus der Allgemeinverfügung des Kreises rechtmäßig ist. Nach dem Infektionsschutzgesetz des Bundes sei der Kreis gehalten, der Verbreitung des Virus entgegenzuwirken und die jeweils erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Beanstandungsfrei berufe er sich darauf, dass das Virus vermutlich gerade durch auswärtige Personen verbreitet werde, die erst im Skiurlaub gewesen seien und danach in ihre Ferienwohnung reisten. Auf diese Weise kämen Personen miteinander in Kontakt, die sonst keinen Kontakt hätten. Allein im Kreis Nordfriesland gebe es mehrere tausend Ferienwohnungen.

Interesse der Eigentümer muss hinter Gesundheitsschutz zurückstehen

Das OVG hat deshalb keinen Zweifel, dass die untersagte Anreise ein verhältnismäßiges Mittel darstellt, um die Ausbreitung des neuartigen Coronavirus einzudämmen und die medizinischen Versorgungskapazitäten im Kreisgebiet vor Überlastung zu schützen. Es dürfe nicht so weit kommen, dass das medizinische Personal darüber entscheiden müsse, welche beatmungspflichtigen Patienten von einer intensivmedizinischen Behandlung ausgeschlossen würden. Das Interesse der Antragsteller an einer uneingeschränkten Nutzung ihrer Nebenwohnung müsse hinter diesem überragenden öffentlichen Interesse zurückstehen, zumal es sich um eine nur vorübergehende Maßnahme handele und bei schwerwiegenden Gründen Ausnahmen möglich seien. Schließlich sei der der Verfügung zugrunde liegende § 28 des Infektionsschutzgesetzes zum 28.03.2020 geändert worden und ermächtige nunmehr auch zu Eingriffen in das Grundrecht auf Freizügigkeit.

Keine Ausnahme für  Homeoffice in Nebenwohnung

Im Verfahren 3 MB 11/20 begehrten die Antragsteller die gerichtliche Feststellung, dass für die von ihnen geplante Anreise zu ihrer Nebenwohnung im Kreisgebiet ein Ausnahmetatbestand gegeben sei. Es sei kein Aufenthalt zu touristischen Zwecken geplant, vielmehr solle von dort aus im "Homeoffice" gearbeitet werden. Eine Ausnahmemöglichkeit vermochten weder das Verwaltungsgericht noch das OVG dafür anzuerkennen. Die Allgemeinverfügung des Kreises bestimme unter Bezugnahme auf die "SARS-CoV-2-Bekämpfungsverordnung" der Landesregierung ausdrücklich, dass nicht nur Reisen aus touristischem Anlass, sondern auch zu Freizeitzwecken, zu Fortbildungszwecken oder zur Inanspruchnahme von vermeidbaren oder aufschiebbaren Maßnahmen untersagt seien.

Größere Wohnung und Garten keine zwingenden Gründe

Ausgenommen vom Verbot sei die Nutzung einer Nebenwohnung nur aus zwingenden Gründen, etwa aus zwingenden gesundheitlichen oder beruflichen Gründen. Dergleichen gelte für die Antragsteller nicht. Es sei nicht erkennbar, warum es für sie unerlässlich sein solle, zur Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit ihren Nebenwohnsitz aufzusuchen. Es sei zwar verständlich, dass sie die im Vergleich mit ihrer Hauptwohnung geräumigere und mit einem Grundstück versehene Zweitwohnung zum Aufenthalt für sich und ihre Kinder nutzen wollten, doch vermöge dies keinen "zwingenden Grund" oder einen vergleichbar schwerwiegenden Grund im Sinne der Allgemeinverfügung zu begründen.

Redaktion beck-aktuell, 6. April 2020.