Abschiebestopp für armenisches Ehepaar

Ein armenisches Ehepaar darf trotz Erschleichung von Asylanerkennung und Aufenthaltserlaubnis nicht abgeschoben werden. Zwar berechtige das Verhalten der Betroffenen grundsätzlich zur Rücknahme der Niederlassungserlaubnis. Die Ausländerbehörde habe vorliegend jedoch das private Bleibeinteresse unzureichend berücksichtigt, entschied das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 04.05.2022 in einem Eilverfahren.

Armenische Familie erschlich Asylanerkennung und Aufenthaltserlaubnis

Die Beschwerdeführer sind ein armenisches Ehepaar, das 1998 gemeinsam mit zwei kleinen Kindern in das Bundesgebiet eingereist war. Unter Verwendung falscher Papiere hatten sie sich damals als politisch Verfolgte aserbaidschanische Staatsangehörige ausgegeben. Ihnen wurde daraufhin im Jahr 1999 Asyl gewährt und im Jahr 2010 vom Kreis eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis (Niederlassungserlaubnis) erteilt. Nach Aufdeckung ihrer wahren Identitäten und Staatsangehörigkeit wurden sowohl die Asylanerkennung als auch die Niederlassungserlaubnis zurückgenommen. Während die beiden mittlerweile erwachsenen Kinder Aussicht auf eine Aufenthaltserlaubnis wegen nachhaltiger Integration haben, besteht die Ausländerbehörde des Kreises auf der Ausreisepflicht der Eltern. Verstöße gegen ausländerrechtliche Bestimmungen seien im öffentlichen Interesse konsequent zu ahnden, um einen Nachahmungseffekt zu verhindern. Das Verwaltungsgericht wies den Eilantrag der Familie zurück, sodass diese Beschwerde einlegte.

OVG: Unzureichende Berücksichtigung des privaten Bleibeinteresses

Das Oberverwaltungsgericht hat der Beschwerde stattgegeben. Zwar lägen die Voraussetzungen für eine Rücknahme der Niederlassungserlaubnis aufgrund der Täuschung vor. Allerdings habe die Ausländerbehörde irrtümlich angenommen, dass die Niederlassungserlaubnis vollständig, das heißt, mit Wirkung auch für die Vergangenheit, zu beseitigen sei. Dies führe zu einer unzureichenden Berücksichtigung des privaten Bleibeinteresses des Ehepaars. Möglich sei auch, dass die Niederlassungserlaubnis nur für die Zukunft entfalle. Dann bliebe der Voraufenthalt rechtmäßig und es komme auch bei ihnen eine befristete Aufenthaltserlaubnis wegen nachhaltiger Integration in Betracht. Dies bleibe zu prüfen.

Redaktion beck-aktuell, 5. Mai 2022.