Ein­stel­lung in Po­li­zei­voll­zugs­dienst trotz straf­recht­li­cher Ver­ur­tei­lung mög­lich

Auch wer vier Jahre vor der Be­wer­bung für den Po­li­zei­dienst be­trun­ken Auto ge­fah­ren ist, hat noch Chan­cen, ein­ge­stellt zu wer­den: Das OVG Saar­lou­is hat eine Ein­zel­fall­prü­fung der Be­wer­bung ver­langt und lehnt einen ka­te­go­ri­schen Aus­schluss vor Ab­lauf der Til­gungs­frist im Bun­des­zen­tral­re­gis­ter ab. 

Ein Mann, der als fast 22-Jäh­ri­ger wegen einer fahr­läs­si­gen Trun­ken­heits­fahrt per Straf­be­fehl zu 30 Ta­ges­sät­zen ver­ur­teilt wor­den war, be­warb sich vier Jahre spä­ter für den ge­ho­be­nen Po­li­zei­voll­zugs­dienst im Saar­land. Im Be­wer­bungs­ver­fah­ren schnitt er gut ab. Wegen sei­ner Ver­ur­tei­lung lehn­te das Land seine Ein­stel­lung aber den­noch ab: Die Straf­tat brin­ge seine man­geln­de cha­rak­ter­li­che Eig­nung für den Beruf des Po­li­zis­ten zum Aus­druck. Nach­dem auch das Ver­wal­tungs­ge­richt im Eil­ver­fah­ren kein Ein­se­hen ge­zeigt hatte, wand­te sich der Be­wer­ber an das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt Saar­lou­is.

Die­ses hob das erst­in­stanz­li­che Ur­teil teil­wei­se auf und ver­pflich­te­te das Land, über die Be­wer­bung des jun­gen Manns unter Be­ach­tung der Rechts­auf­fas­sung des Ge­richts neu zu ent­schei­den (OVG Saar­lou­is, Be­schluss vom 03.11.2023 - 1 B 133/23). Nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 SPolL­VO "kann" in den Po­li­zei­voll­zugs­dienst ein­ge­stellt wer­den, wer unter an­de­rem "nicht be­straft" ist. Nach Abs. 2 seien aber Aus­nah­men von die­ser Regel mög­lich, so das OVG. Eine star­re Be­ur­tei­lung, wo­nach vor Ab­lauf der Til­gungs­frist Ver­ur­tei­lun­gen immer einer Ein­stel­lung ent­ge­gen­stün­den, ver­bie­te sich.  

All­ge­mei­ne Be­ur­tei­lungs­maß­stä­be ver­letzt

Die Ober­ver­wal­tungs­rich­te­rin­nen und -rich­ter be­män­gel­ten, dass die Vor­in­stanz nicht be­rück­sich­tigt habe, dass der fast 22-Jäh­ri­ge die Trun­ken­heits­fahrt fahr­läs­sig be­gan­gen und an­schlie­ßend einen Kurs zur Tren­nung von Al­ko­hol­kon­sum und Teil­nah­me am Stra­ßen­ver­kehr er­folg­reich ab­sol­viert hatte, so­dass das Land­ge­richt seine Sperr­frist zur Wie­der­er­tei­lung der Fahr­erlaub­nis um ein hal­bes Jahr ver­kürzt hatte. Damit sei seine cha­rak­ter­li­che Eig­nung zum Füh­ren eines Kraft­fahr­zeugs wie­der be­jaht wor­den.

Statt­des­sen habe das VG die Tat als eine schwe­re Straf­tat ein­ge­schätzt, ob­wohl der Mann nur mit 30 Ta­ges­sät­zen be­straft wor­den war. Es habe feh­ler­haft ein Indiz für die Schwe­re der Tat darin ge­se­hen, dass die Trun­ken­heits­fahrt in das Bun­des­zen­tral­re­gis­ter ein­ge­tra­gen wor­den und nach vier Jah­ren noch nicht ge­tilgt war, ob­wohl nach § 4 Nr. 1 BZRG alle Ver­ur­tei­lun­gen dort ein­ge­tra­gen wür­den und nach § 46 Abs. 1 Nr. 1 BZRG diese Tat frü­hes­tens nach fünf Jah­ren ge­tilgt wer­den könne.

Nach al­le­dem sah das OVG den jun­gen Mann in sei­nem grund­rechts­glei­chen Recht aus Art. 33 Abs. 2 GG ver­letzt, wo­nach über die Be­wer­bung für das öf­fent­li­che Amt al­lein nach Ma­ß­ga­be von Eig­nung, Be­fä­hi­gung und fach­li­che Leis­tung zu ent­schei­den ist.

OVG Saarlouis, Beschluss vom 03.11.2023 - 1 B 133/23

Redaktion beck-aktuell, rw, 8. November 2023.

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