Corona-Soforthilfen: Kein erneutes Verfahren bei bestandskräftigem VA

Wer sich gegen einen (Teil-)Rückzahlungsbescheid für Corona-Soforthilfen nicht rechtzeitig wehrt, hat keinen Anspruch darauf, dass das Verfahren wieder aufgegriffen wird – selbst wenn der Bescheid mutmaßlich rechtswidrig war. Das hat das OVG Münster entschieden.

Der 4. Senat des OVG Münster hatte sich am Donnerstag mit dem Verhältnis der materiellrechtlichen Einzelfallgerechtigkeit auf der einen Seite und dem Gebot der Rechtssicherheit auf der anderen Seite zu befassen (Beschluss vom 11.07.2024 - 4 A 1764/23, nicht anfechtbar). In dem Fall ging es um einen Handwerksbetrieb, der – wie viele Betriebe – während der Corona-Zeit vom Land Soforthilfen erhalten hatte. Nachdem die Betriebsinhaberin ihren Bedarf nachträglich gemeldet hatte, erhielt sie einen Teilrückzahlungsbescheid. Auch das war etlichen Betrieben ähnlich ergangen.

Später hatten verschiedene VG Schlussbescheide in ähnlichen Konstellationen für rechtwidrig erachtet, das OVG Münster hatte das letztlich bestätigt. Nur hatte, anders als in den damaligen Fällen, die Unternehmerin sich nicht rechtzeitig gerichtlich gegen den Bescheid gewehrt, der daher bestandskräftig geworden war. Eine Wiederaufnahme des Verfahrens lehnte die Bezirksregierung ab.

Behörde darf an Bestandskraft festhalten

Hinsichtlich der gesetzlichen Ermächtigung zum Wiederaufgreifen bestandskräftig abgeschlossener Verfahren bestehe für den Betroffenen grundsätzlich nur ein Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung, so das OVG in seiner Beschlussbegründung.

Dabei stehe das Gebot der Rechtssicherheit als wesentliches Element der Rechtsstaatlichkeit der materiellen Einzelfallgerechtigkeit entgegen. Die Prinzipien der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und der Bestandskraft von Verwaltungsakten stünden gleichberechtigt nebeneinander, daher sei es in aller Regel – und so auch hier – ermessensfehlerfrei, wenn die Behörde an der Bestandskraft ihrer Bescheide festhalte, auch wenn sie sich in der später ergangenen Rechtsprechung als rechtswidrig erwiesen haben. Anderes gelte nur, wenn die Aufrechterhaltung eines bestandskräftigen Verwaltungsakts "schlechthin unerträglich" sei.

OVG Münster, Beschluss vom 11.07.2024 - 4 A 1764/23

Redaktion beck-aktuell, dd, 12. Juli 2024.