Kein Abschiebungsverbot für Kleinkinder nach Nigeria wegen Malariagefahr

In Europa geborene Kleinkinder, die von nigerianischen Eltern abstammen, genießen nicht deshalb nationalen Abschiebungsschutz, weil sie bei einer Rückkehr der Familie nach Nigeria wegen der Gefahr, an Malaria zu erkranken, mit hoher Wahrscheinlichkeit einer extremen allgemeinen Gefahrenlage ausgesetzt wären. Dies hat das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen in Münster entschieden und darauf hingewiesen, dass die aktuellen Auswirkungen der Corona-Pandemie in Nigeria an dieser Bewertung nichts änderten.

BAMF sieht keine gegen Abschiebung sprechende Gründe

Die im März 2017 in Italien geborene Klägerin reiste mit ihrer Mutter 2018 nach Deutschland ein. Den für sie gestellten Asylantrag lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) ab und stellte dabei fest, dass keine Abschiebungsverbote vorlägen. Das Verwaltungsgericht Münster hat der hiergegen erhobenen Klage teilweise stattgegeben und die Bundesrepublik verpflichtet, zugunsten der Klägerin ein Abschiebungsverbot wegen der drohenden Malariagefahr festzustellen. Die Berufung des Bundesamts beim Oberverwaltungsgericht hatte Erfolg.

OVG verneint Anspruch begründende extreme Gefahrenlage

Die im maßgeblichen Zeitpunkt der Berufungsentscheidung vierjährige Klägerin habe keinen Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbots, da eine allgemein drohende Gefahr einer Malaria-Erkrankung nicht hinreichend wahrscheinlich sei, so das OVG. Die bestehenden Gefährdungen für Kinder bis zu fünf Jahren, die aus Europa nach Nigeria zurückkehren, führten nicht zur Annahme einer Extremgefahr, die für die Feststellung eines Abschiebungsverbots erforderlich sei. Das OVG hat die Gefahr, sich mit Malaria zu infizieren und daran zu sterben oder einen schweren Gesundheitsschaden davonzutragen, auf der Grundlage aktueller Erkenntnisse nach Art, Ausmaß und Intensität bewertet. Eine mit hoher Wahrscheinlichkeit drohende extreme Gefahrenlage könne danach entgegen der vom VG vertretenen Bewertung nicht festgestellt werden.

Auch Pandemie-Auswirkungen bedingen kein Abschiebungsverbot

Genauso wenig begründeten die mit der Corona-Pandemie verbundenen Auswirkungen ein Abschiebungsverbot, so das OVG Münster weiter. Die allgemeine wirtschaftliche Lage und die Versorgungslage betreffend Nahrung, Wohnraum und Gesundheitsversorgung in Nigeria seien zwar durch die Pandemie negativ betroffen, räumte das Gericht ein. Ein zwingender Ausschluss von Abschiebungen aus humanitären Gründen sei damit aber nicht verbunden. Die pandemiebedingten Auswirkungen auf die medizinische Versorgungslage ließen zwar möglicherweise befürchten, dass sich die Sterblichkeitsrate von Kleinkindern erhöhen werde. Auch dies führe aber nicht zur Annahme einer ein Abschiebungsverbot begründenden Extremgefahr, so das Gericht.

Grundbedürfnisse laut OVG gesichert

Das Gericht kam zudem zur Überzeugung, dass die Familie der Klägerin bei einer Rückkehr nach Nigeria in der Lage sei, zumindest ein Existenzminimum durch Arbeit zu erwirtschaften. Auch ihre sonstigen Grundbedürfnisse wie zum Beispiel Unterkunft, Nahrung und Hygiene seien – wenn auch unter prekären Bedingungen – gesichert.

Beschwerde gegen Nichtzulassung der Revision möglich

Mit der Entscheidung knüpft das OVG an seine frühere Grundsatzentscheidung vom 24.03. 2020 (DÖV 2020, 642) an. Es hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen kann die Klägerin Beschwerde einlegen, über die das Bundesverwaltungsgericht entscheidet.

OVG Münster, Urteil vom 18.05.2021 - 19 A 4604/19.A

Redaktion beck-aktuell, 19. Mai 2021.