Hilchenbacher Bürgermeister positionierte sich gegen Partei "Der Dritte Weg"
Am 05.04.2022 veröffentlichte die Stadt einen Artikel auf ihrer Internetseite, in dem beschrieben wurde, dass ein Hilchenbacher Bürger eine Online-Petition "gegen das Büro einer rechtsextremen Partei in der Hilchenbacher Stadtmitte gestartet" habe. Der "Dritte Weg" habe dort ein Gebäude angemietet und wolle dieses kaufen. Der Initiator der Petition habe eine Unterschriftensammlung an den Bürgermeister der Stadt übergeben, der die Sammlung "mit großer Anerkennung" entgegengenommen habe. Der Bürgermeister sei "sehr beeindruckt von dieser Petition und den mittlerweile rund 5.000 Unterzeichnerinnen und Unterzeichnern". Er äußerte sich in dem Artikel dahingehend, dass "unsere Stadt … keinen Platz für Rassismus und Intoleranz" habe. Weiter wurde darauf hingewiesen, dass die Stadt "alle rechtsstaatlichen Möglichkeiten ausschöpfen" werde, "um das Vorkaufsrecht für das Gebäude auszuüben. Nachdem der Eilantrag des "Der Dritten Wegs" vor dem Verwaltungsgericht erfolglos war, legte die Partei Beschwerde ein.
OVG gibt Beschwerde statt - Recht der Partei auf Chancengleichheit verletzt
Das Oberverwaltungsgericht hat der Beschwerde stattgegeben. Die in dem Artikel wiedergegebenen Äußerungen des Bürgermeisters verletzten das grundgesetzlich geschützte Recht der Partei auf Chancengleichheit. Die Äußerungen des Bürgermeisters seien in der Gesamtschau dahingehend zu verstehen, dass er die Petition und deren explizit gegen die Partei gerichtetes Anliegen im Grundsatz befürworte und unterstütze. Dies wäre geeignet, deren Position im politischen Meinungskampf zu beeinträchtigen. Der Artikel müsse daher entfernt werden, so das OLG. Der Bürgermeister habe die rechtlichen Grenzen des Neutralitätsgebots überschritten, obwohl der "Dritte Weg" nach den Erkenntnissen des Verfassungsschutzes Nordrhein-Westfalen ein rechtsextremistisches Staats- und Gesellschaftsbild propagiere und sich inhaltlich wie stilistisch weitgehend in die Tradition der Nationalsozialisten stelle.
Weitergehendes Beschwerdebegehren erfolglos
Die Partei habe aber keinen Anspruch auf Unterlassung einer anderweitigen Verbreitung des Artikels. Es bestehe keine Gefahr einer Wiederholung des rechtswidrigen Eingriffs, weil die zugrunde liegende Unterschriftenübergabe ein einmaliger Vorgang war und das Anliegen der Petition nunmehr bereits durch die Geltendmachung eines gemeindlichen Vorkaufsrechts erfüllt sei. Der "Dritte Weg" könne auch nicht beanspruchen, dass die Stadt eine Direktverlinkung auf die Petition unterlasse, weil es insoweit ebenfalls an einer Wiederholungsgefahr fehle. Letzteres gelte gleichermaßen für den weiter geltend gemachten Anspruch darauf, dass der Bürgermeister es zukünftig unterlasse, sich in Bezug auf die Online-Petition erneut in einer bestimmten Weise zu äußern.