Nichtselbsttätige Waagen können ohne eigenes Display vertrieben werden

Sogenannte nichtselbsttätige Waagen, mit denen in vielen Supermärkten das Wiegen an der Kasse ermöglicht wird, können auch ohne eigenes Display mit der CE-Kennzeichnung versehen und als vollständige Waagen in Verkehr gebracht werden. Zudem kann es genügen, die messtechnischen Werte zur Höchstlast, Mindestlast und zum Eichwert ausschließlich im Display anzuzeigen. Das hat das Oberverwaltungsgericht Münster in einem Musterverfahren entschieden.

Musterverfahren zu Vorgehensweisen von Waagenherstellern

Die beiden Klägerinnen sind Hersteller nichtselbsttätiger Waagen. Sie wehren sich gegen marktaufsichtsrechtliche Ordnungsverfügungen des Landesbetriebs Mess- und Eichwesen. Zwischen den Beteiligten war zum einen streitig, ob ein Gerät zur Gewichtsbestimmung, welches für den Einsatz im Einzelhandel in Kassensysteme anderer Hersteller integriert wird und so das Wiegen beim Kassiervorgang ermöglicht, bereits mit der CE-Kennzeichnung versehen werden darf, wenn es am Ende der Fertigung noch nicht über ein eigenes Display verfügt, und zum anderen, ob – so der Landesbetrieb – die nach den rechtlichen Vorschriften zum Mess- und Eichwesen erforderlichen Angaben zur Höchstlast (Max), Mindestlast (Min) und zum Eichwert (e) zwingend analog auf dem Messgerät angebracht werden müssen oder ob eine ausschließlich digitale Anzeige der Angaben genügen kann. Die beiden Verfahren sind als Musterverfahren geführt worden, um Rechtsfragen zu klären, die unter den Mess- und Eichbehörden und den Konformitätsbewertungsstellen nicht einheitlich beurteilt worden sind.

Hersteller muss Inbetriebnahme als Waage "bei Entwurf und Herstellung" gewährleisten

Das OVG ist den Erwägungen des Landesbetriebs in beiden Verfahren nicht gefolgt. Eine nichtselbsttätige Waage könne den gerätespezifischen Anforderungen auch dann genügen, wenn beim Inverkehrbringen der Waage sichergestellt ist, dass Anforderungen, die erst bei der Verwendung im geschäftlichen Verkehr für die gesamte Nutzungsdauer relevant sind, ab der Inbetriebnahme erfüllt werden. Ein Hersteller, der ein Gerät vertreiben will, das alle Anforderungen an eine Waage erfüllt, aber über keine eigene digitale Hauptanzeigeeinrichtung verfügt, müsse "bei Entwurf und Herstellung" gewährleisten, dass sein Gerät nur mit einem geeigneten Display in Betrieb genommen werden kann und die Vereinbarkeit mit den wesentlichen gerätespezifischen Anforderungen an die Anzeige des Wägeergebnisses ab Inbetriebnahme und damit bei Verwendung des Geräts für Messungen im geschäftlichen Verkehr sichergestellt ist.

Veränderung der angezeigten messtechnischen Werte muss verhindert werden

Weiter könne auch die ausschließlich digitale Anzeige zur Höchstlast, Mindestlast und zum Eichwert im Display für die Gewichtsanzeige die rechtlichen Anforderungen der guten Sichtbarkeit, Leserlichkeit und Dauerhaftigkeit erfüllen, weshalb ein Display eine geeignete Einrichtung zum Anbringen der messtechnischen Kennwerte darstellen kann. Damit eine digitale Anzeige dauerhaft und damit für die Beschriftung "geeignet" ist, habe der Hersteller bei Entwurf und Herstellung des Geräts zu gewährleisten, dass die für die Anzeige der messtechnischen Werte verantwortliche Software entsprechend den gerätespezifischen technischen Anforderungen an nichtselbsttätige Waagen vor unbeabsichtigtem Missbrauch geschützt und eine Veränderung der angezeigten messtechnischen Werte verhindert wird.

Normverständnis im Einklang mit internationalen technischen Standards

Dieses Normverständnis stehe im Einklang mit internationalen technischen Standards und entspreche dem Bestreben des europäischen Richtliniengebers, sich auf die wesentlichen messtechnischen und technischen Anforderungen an nichtselbsttätige Waagen zu beschränken. Der deutsche Gesetzgeber habe die europäischen Vorgaben unverändert in nationales Recht übernommen. Der Senat hat wegen grundsätzlicher Bedeutung in beiden Verfahren die Revision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen. 

OVG Münster, Urteil vom 29.09.2022 - 4 A 1278/21

Redaktion beck-aktuell, Miriam Montag, 30. September 2022.