Grabnutzungsrecht auch für nichtjüdische Ehefrau erworben
Die Kläger waren die Kinder eines 1996 verstorbenen Essener Juden. Er hatte für sich und seine nichtjüdische Ehefrau, die Stiefmutter der Kläger, 1971 bei der beklagten jüdischen Kultusgemeinde gegen Zahlung einer Gebühr ein Doppelgrab auf deren jüdischem Friedhof in Essen reservieren lassen. Die Beklagte hatte ihm die Reservierung damals schriftlich mit dem Zusatz bestätigt, "trotzdem Ihre Gattin Nichtjüdin ist". Der Mann wurde 1996 in dem Doppelgrab beerdigt.
Jüdische Kultusgemeinde verweigerte Bestattung nichtjüdischer Ehefrau
Nach dem Tod seiner Ehefrau 2011 lehnte die Beklagte deren Bestattung in der anderen Grabstelle mit der Begründung ab, der Friedhof sei seit Inkrafttreten ihrer Friedhofssatzung im Jahr 1998 Mitgliedern vorbehalten. Sie vertrete seitdem eine streng orthodoxe Ausrichtung ihres jüdischen Glaubensrechts, die die Bestattung auch der Ehefrau unmöglich mache. Um die Bestattungsfrist einzuhalten, ließen die Kläger die Bestattung zunächst auf einem städtischen Friedhof vornehmen und verklagten die Kultusgemeinde. Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen gab der Klage statt.
OVG: Ablehnung verstößt gegen Totenwürde der Eheleute
Das OVG Münster hat die Entscheidung des VG bestätigt. Die Kläger hätten einen Anspruch darauf, ihre Stiefmutter neben ihrem Vater bestatten zu lassen. Die Kultusgemeinde verstoße mit der Ablehnung offensichtlich gegen die Totenwürde beider Eheleute, in der sich ihre Menschenwürde als oberstes Verfassungsprinzip nach dem Tod fortsetze. Beide hätten mit dem Erwerb des Grabnutzungsrechts den Wunsch artikuliert, in dem erworbenen Doppelgrab als Eheleute gemeinsam die letzte Ruhe zu finden. Dieser Belang habe unter den Umständen des vorliegenden Einzelfalles Vorrang vor dem ebenfalls besonders hoch zu gewichtenden Schutz des Selbstverwaltungsrechts der Kultusgemeinde.