OVG Münster: Medizinstudenten müssen in der Regel vor der mündlichen Prüfung praktische Aufgaben erhalten

Vor dem mündlich-praktischen Teil des Ersten Abschnitts der ärztlichen Prüfung müssen den Studierenden in der Regel praktische Aufgaben gestellt werden. Dies hat das Oberverwaltungsgericht Münster mit Beschluss vom 18.01.2019 entschieden und eine entgegengesetzte Prüfungspraxis beanstandet (Az.: 14 A 2042/18). 

Kläger hatte mündlich-praktischen Teil des Ersten Abschnitts der ärztlichen Prüfung nicht bestanden

Der Kläger, der an der Universität Bonn Medizin studiert, fiel im mündlich-praktischen Teil des Ersten Abschnitts der ärztlichen Prüfung im ersten Wiederholungsversuch durch. Dagegen klagte er und wandte unter anderem ein, er habe entgegen der Approbationsordnung für Ärzte (ApprOÄ) vor dem Prüfungstermin keine praktischen Aufgaben bekommen.

Kläger wurden vor mündlicher Prüfung keine praktischen Aufgaben gestellt

§ 24 Abs. 3 ApprOÄ sieht vor, dass im mündlich-praktischen Teil des Ersten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung die Prüfungskommission dem Prüfling vor dem Prüfungstermin praktische Aufgaben stellen und ihm aufgeben soll, deren Er­gebnisse bei der Prüfung mündlich oder mittels Vorlage eines schriftlichen Berichts darzulegen und zu begründen. Das ist im Falle des Klägers nicht geschehen.

Landesprüfungsamt sah vorterminliche praktische Aufgaben als fakultativ an

Das beklagte Landesprüfungsamt für Medizin, Psychotherapie und Pharmazie verteidigte dies und meinte, die vorterminliche Prüfungsaufgabe sei nicht zwingend vorgeschrie­ben und von der Möglichkeit werde regelmäßig - auch in anderen Bundesländern - kein Gebrauch gemacht. Eine Pflicht zur Stellung einer vorterminlichen Prüfungsauf­gabe würde die vielen Prüfungskommissionen an den Medizinischen Fakultäten vor erhebliche zusätzliche organisatorische und personelle Herausforderungen stellen. Das Verwaltungsgericht Aachen wies die Klage ab. Dagegen legte der Kläger Berufung ein.

OVG: § 24 Abs. 3 ApprOÄ als Soll-Vorschrift regelmäßig zwingend

Die Berufung hatte Erfolg. § 24 Abs. 3 ApprOÄ sei eine sogenannte Soll-Vorschrift. Diese seien im Regelfall für die Behör­de rechtlich zwingend und verpflichteten sie, grundsätzlich so zu verfahren, wie es im Gesetz bestimmt sei. Im Regelfall bedeute das "Soll" ein "Muss". Hier gebe es weder im systematischen Zusammenhang mit der Regelung zu praktischen Aufgaben in der mündlichen Prüfung noch vom Zweck der Vorschrift noch von der Entstehungsge­schichte her einen Grund, ein anderes Verständnis zu Grunde zu legen.

Zusätzliche organisatorische und personelle Belastungen können Abweichung nicht rechtfertigen

Triftige Gründe für ein Abweichen von der Soll-Vorschrift im Einzelfall lägen nicht vor, so das OVG weiter. Insbe­sondere könnten erhöhte zusätzliche organisatorische und personelle Belastungen durch die geforderte Aufgabenstellung keine Abweichung von der Regel rechtferti­gen. Auch bestehe die konkrete Möglichkeit, dass der Kläger bei einer unter Beach­tung der Vorschrift durchgeführten Prüfung ein anderes Prüfungsergebnis erzielt hät­te.

OVG Münster, Beschluss vom 18.01.2019 - 14 A 2042/18

Redaktion beck-aktuell, 25. Januar 2019.

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