Tweet mit Klägerin im Regencape
Bei der als Risikospiel eingestuften Partie der 3. Fußball-Bundesliga zogen laut Mitteilung des Oberverwaltungsgerichts ungefähr 100 Gästefans vor der Einlasskontrolle Regencapes über. Der Anführer ("Capo") der Fangruppierung hatte sie per Megafon dazu aufgefordert und die Regencapes verteilen lassen. Laut der Ansage sollte dies Teil einer Fan-Choreographie im Stadion sein. Die Polizeikräfte verhinderten den Zutritt der mit Regencapes bekleideten Fans zum Station, weil sie das Einschmuggeln von verbotenen Gegenständen (insbesondere Feuerwerkskörpern) befürchteten. In der Folge kam es zu einem Rückstau an der Einlasskontrolle. Die Polizei Duisburg veröffentlichte hierzu über ihren Twitter-Account die mit einem Foto versehene Meldung: "#MSVFCM Stau am Gästeeingang, einige Fans haben sich Regencapes angezogen, um die Durchsuchung zu verhindern." Die in Brandenburg lebende Klägerin fühlte sich durch den Tweet nebst Foto in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt und klagte gegen die Polizei Duisburg.
Klägerin war auf Foto wohl erkennbar
Die Polizei war der Meinung, die Klägerin sei auf dem Foto schon nicht erkennbar. Während das Verwaltungsgericht Düsseldorf die Klage abgewiesen hatte, hat nun das OVG auf die Berufung der Klägerin die Rechtswidrigkeit des Tweets festgestellt. Es müsse davon ausgegangen werden, dass die Klägerin auf dem auf Twitter veröffentlichten Foto zu erkennen gewesen sei. Ein Abgleich der vorgelegten Ausdrucke des Tweets mit Fotos der Klägerin aus dem maßgeblichen Zeitraum spreche dafür. Ob die Ausdrucke der Original-Auflösung des Bildes bei Twitter entsprochen haben, sei zwar nicht mehr aufzuklären, räumte das Gericht ein. Die verbleibende Unsicherheit gehe aber zu Lasten der Polizeibehörde, weil diese nicht nur den Tweet nachträglich (wegen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit) gelöscht habe, sondern auch die Original-Fotodatei dort nicht mehr auffindbar sei.
Anforderungen an Veröffentlichungen des Staates nicht eingehalten
Unabhängig von der Frage, ob eine Verwaltungsbehörde für die in Rechte Dritter eingreifende Öffentlichkeitsarbeit eine gesetzliche Grundlage benötigt, genügt dem OVG zufolge der Tweet auch nicht den Anforderungen, die das Bundesverfassungsgericht an Veröffentlichungen des Staates stellt, die Rechte Dritter beeinträchtigen. So müssen die mitgeteilten Tatsachen zutreffend sein und die Veröffentlichung darf nicht über den damit verfolgten Zweck hinausgehen. Dies sei beides hier nicht eingehalten. So habe von der Polizei nicht belegt werden können, dass die Fußballfans und damit auch die Klägerin ein Regencape zu dem Zweck übergezogen haben, die Durchsuchung zu verhindern. Die von der Polizei selbst dokumentierte Aussage des "Capo" deute in eine andere Richtung, nämlich die Gestaltung einer Fanchoreografie. Dass dies nur vorgeschoben war, sei allenfalls eine polizeiliche Vermutung, die nicht belegt sei. Jedenfalls hätte die Polizei in einem solchen Fall die verbleibende Unsicherheit kenntlich machen müssen. Zudem hätte sie den angeführten Zweck, die übrigen Fans über den Grund des Rückstaus zu informieren, auch mit dem Verweis auf Fans, die sich Regencapes anziehen, aber ohne die Angabe einer inneren Motivation, erreichen können. Die Revision wurde nicht zugelassen.