Bebauungsplan für Steinkohlekraftwerk Datteln 4 unwirksam

In der juristischen Auseinandersetzung um das seit 2020 betriebene Steinkohlekraftwerk Datteln 4 sieht das Oberverwaltungsgericht Münster erhebliche Planungsmängel. Es erklärte daher heute mit drei Urteilen den vorhabenbezogenen Bebauungsplan Nr. 105a - Kraftwerk - der Stadt Dat­teln für unwirksam. "Es ging offensichtlich darum, den Standort Datteln nicht zu gefährden", sagte der Vorsitzende Richter Detlev Klein Altstedde zu Beginn der mündlichen Verhandlung.

Kraftwerk ist bereits in Betrieb

Das Kraftwerk ist auf der Grundlage eines früheren Bebauungsplans, den der Senat 2009 für unwirksam erklärt hatte, und vollziehbarer immissionsschutzrechtlicher Ge­nehmigungen bereits errichtet und 2020 in Betrieb genommen worden. Kläger sind die Nachbarstadt Waltrop, die Umweltschutzorganisation BUND sowie vier Privatpersonen. Gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb des Kraft­werks aus dem Jahr 2017 sind Klagen beim 8. Senat des Oberverwaltungsgerichts anhängig.

Standortwahl rechtswidrig

Zur Begründung der Urteile führte der Vorsitzende des 10. Senats in der mündlichen Verhandlung aus, dass die Wahl des Standortes für das Kraftwerk, das Gegenstand des vorhabenbezogenen Bebauungsplans Nr. 105a ist, nicht den einschlägigen gesetzlichen Anforderungen genüge. Der Rat der Stadt Datteln habe bei seiner Abwägung die auf der Ebene der Regionalplanung erfolgte fehlerhafte Standortauswahl übernom­men. Die 7. Änderung des Gebietsentwicklungsplans Regierungsbezirk Münster Teil­abschnitt Emscher-Lippe beruhe auf einer Verletzung der Vorschriften über die Um­weltprüfung und damit zugleich auf einem Abwägungsfehler. Der für die Regionalpla­nung zuständige Regionalverband Ruhr sei mit Blick auf diese Vorschriften im Sinne der Umweltvorsorge gehalten gewesen, im Zusammenhang mit dem Umweltbericht frühzeitig anderweitige vernünftige Planungsmöglichkeiten zu ermitteln. Er habe da­bei den Suchraum für Standortalternativen wegen der ganz erheblichen umweltbezo­genen Auswirkungen des Steinkohlekraftwerks, für das er die raumplanerische Grundlage schaffen wollte, möglichst weit zu bestimmen. 

Andere Planungsmöglichkeiten wurden nicht untersucht

Stattdessen habe der Regionalverband die Su­che entgegen der Kritik im Erarbeitungsverfahren lediglich auf den Geltungsbereich des Gebietsentwicklungsplans Regierungsbezirk Münster Teilabschnitt Emscher-Lippe und damit auf einen Teil seines Zuständigkeitsbereichs begrenzt. Auf diese Weise habe er sich den Blick auf möglicherweise vorzugswürdige anderweitige Pla­nungsmöglichkeiten verstellt. Der Regionalverband Ruhr habe sich zudem hinsichtlich der Kriterien für die Suche nach anderweitigen vernünftigen Planungsmöglichkeiten ausschließlich an den Anforderungen des konkret in den Blick genommenen Stein­kohlekraftwerks orientiert und damit auch insoweit die Suche fehlerhaft einge­schränkt. Anderweitige vernünftige Planungsmöglichkeiten etwa in Form von Stand­orten für ein Gaskraftwerk, das wesentlich geringere Anforderungen an den Raum stelle und erheblich weniger Auswirkungen auf die Umwelt habe, seien nicht ermittelt worden. Dafür, dass eine insoweit zweigleisige Suche nach alternativen Standorten im gesamten Zuständigkeitsbereich des Regionalverbands Ruhr von vornherein un­verhältnismäßig gewesen wäre, seien keine Anhaltspunkte ersichtlich. Der Senat hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen ist Beschwerde möglich, über die das Bundesverwaltungsgericht entscheidet.

OVG Münster, Urteil vom 26.08.2021 - 10 D 106/14

Redaktion beck-aktuell, 26. August 2021 (dpa).