OVG Münster: Bußgeldbehörde kann grundsätzlich in Fahrzeugregister eingetragene Person als Halter werten

VwGO §§ 124 II, 124a IV 4, V 2; StVZO § 31a I 1

Bei Fehlen gegenteiliger Anhaltspunkte kann die Bußgeldbehörde grundsätzlich davon ausgehen, dass die im Fahrzeugregister eingetragene Person auch tatsächlich der Halter ist und sich auf die Anhörung dieser Person beschränken. Dies hat das Oberverwaltungsgericht Münster entschieden. Außerdem werde eine Fahrtenbuchauflage nicht allein durch Zeitablauf unverhältnismäßig.

OVG Münster, Beschluss vom 07.02.2017 - 8 A 671/16 (VG Arnsberg), BeckRS 2017, 101888

Anmerkung von
Rechtsanwalt Ottheinz Kääb, LL.M., Fachanwalt für Verkehrsrecht und für Versicherungsrecht,
Rechtsanwälte Kääb Bürner Kiener & Kollegen, München

Aus beck-fachdienst Straßenverkehrsrecht 4/2017 vom 02.03.2017

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Sachverhalt

Im Mai 2013 wurde eine erhebliche Ordnungswidrigkeit mit einem Fahrzeug begangen. Erst im Juni 2015 wurde der richtige Fahrer angehört und erhielt eine Fahrtenbuchauflage.

In der Zwischenzeit war folgendes passiert: Etwa zwei Wochen nach der Ordnungswidrigkeit wurde die Person angehört, die als Halter des betroffenen Fahrzeugs im Fahrzeugregister eingetragen war. Diese Person teilte mit, dass sie nicht die Halterin sei, sondern lediglich die Inhaberin der Zulassung. Das Ordnungswidrigkeitsverfahren wurde eingestellt. Die Zulassungsinhaberin wurde zur beabsichtigten Fahrtenbuchauflage angehört und es kam zum Prozess. Erst im Prozess offenbarte sie, dass sie die Zulassung für ihren Enkel innehabe, dieser sei der Halter des Fahrzeugs. Er habe das Fahrzeug gekauft, bestimme über seinen Gebrauch und trage auch die gesamten Kosten.

Der Kläger brachte vor, das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Feststellung des für die begangene Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften verantwortlichen Fahrzeugführers unmöglich im Sinne des § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO gewesen sei. Vielmehr liege ein Ermittlungsdefizit vor.

Das angerufene Verwaltungsgericht aber bestätigte die Fahrtenbuchauflage. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wurde mit dem hier mitgeteilten Beschluss des OVG abgelehnt.

Rechtliche Wertung

Dass der Kläger Halter des Fahrzeugs ist, ist im gerichtlichen Verfahren nunmehr unstreitig. Die Fahrtenbuchauflage sei gerechtfertigt, so das OLG, denn eine Behörde müsse nicht ohne jeden Anlass davon ausgehen, dass ein anderer Halter sei als die Person, die Fahrzeugregister vermerkt ist. Es treffe zwar zu, dass sie den Kläger als Halter des Fahrzeugs nicht rechtzeitig zu dem Verkehrsverstoß angehört habe. Darin liege hier aber kein Ermittlungsdefizit. Die Behörde habe bis zum maßgeblichen Zeitpunkt des Abschlusses des Ordnungswidrigkeitsverfahrens aufgrund der für sie erkennbaren Umstände davon ausgehen dürfen, mit der Zulassungsinhaberin die (alleinige) Halterin des Fahrzeugs angehört zu haben.

Zum anderen sei zu beachten, dass es gefestigter Rechtsprechung entspreche, dass das Verstreichen eines längeren Zeitraums nicht vor einer Fahrtenbuchauflage retten könne. Hinzu trete hier, dass der Zeitablauf zwischen dem Verkehrsverstoß und dem Erlass der Fahrtenbuchauflage nicht auf eine verschleppte Bearbeitung durch die Behörde, sondern im Wesentlichen darauf zurückzuführen sei, dass erst das von der Zulassungsinhaberin geführte Klageverfahren zu der Erkenntnis geführt habe, dass der Kläger Halter des Fahrzeugs ist.

Praxishinweis

Aus welchen Umständen sich ergibt, wer Halter eines Fahrzeugs ist, wird in dieser Entscheidung klar herausgestellt, auch, was «nur eine Zulassungsinhaberin» ist. Sich hinter einem «Zulassungsinhaber» zu verstecken, bringt also letztlich auch nicht viel, denn die dadurch gewonnene Zeit führt nicht zu einer Unverhältnismäßigkeit einer Fahrtenbuchauflage. Insgesamt also eine recht beachtliche Entscheidung.

Redaktion beck-aktuell, 6. März 2017.