Betriebsschließungen im ersten Corona-Lockdown in NRW rechtmäßig
Lorem Ipsum
© CR Matt / stock.adobe.com

Die Betriebsschließungen in der ersten Coronawelle im Frühjahr 2020 durch die Coronaschutzverordnung des Landes Nordrhein-Westfalen waren rechtmäßig. Das hat das Oberverwaltungsgericht Münster entschieden und die Normenkontrollanträge von vier Unternehmen abgelehnt. Angesichts des frühen Stadiums der Pandemie seien die Generalklausel als Ermächtigungsgrundlage ausreichend und die Maßnahmen im Einzelnen verhältnismäßig gewesen, so das Gericht.

Antragsteller berufen sich auf untaugliche Ermächtigungsgrundlage und Berufsfreiheit

Zwei Fitnessstudios, eine Tanzschule und eine Gastronomie wandten sich im Weg der Normenkontrolle gegen die Schließung ihrer Betriebe auf Grundlage der im Frühjahr 2020 geltenden Landesverordnung. Sie machten geltend, dass die Verordnung nicht auf einer hinreichenden Ermächtigungsgrundlage beruht habe und die Betriebsuntersagungen sie in ihren Grundrechten, insbesondere ihrer Berufsfreiheit, verletzt hätten.

OVG: Generalklausel zu Beginn der Pandemie ausreichend

Dieser Einschätzung ist das OVG in diesen ersten Corona-Hauptsacheverfahren nicht gefolgt. Mit der Generalklausel im Infektionsschutzgesetz habe im Frühjahr 2020 eine hinreichende gesetzliche Grundlage bestanden, die auch zu flächendeckenden Betriebsschließungen durch Verordnungen der Länder ermächtigt habe. Der Gesetzgeber sei angesichts des in der Geschichte der Bundesrepublik beispiellosen Ausbruchs der Pandemie nicht verpflichtet gewesen, dem Verordnungsgeber bereits zu diesem Zeitpunkt präzisere Vorgaben für das Ergreifen von Infektionsschutzmaßnahmen zu machen. Vielmehr habe er jedenfalls zunächst die Entwicklung des Infektionsgeschehens unter Geltung der anfangs ergriffenen Maßnahmen abwarten können.

Auch Betriebsuntersagungen zum damaligen Zeitpunkt angemessen

Die Betriebsuntersagungen hätten die Antragsteller auch nicht in ihrer Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG verletzt. Der Verordnungsgeber habe mit den Maßnahmen seinen Einschätzungsspielraum nicht überschritten. Er habe anhand der Erkenntnislage im Frühjahr 2020 davon ausgehen dürfen, dass durch die zunehmende Verbreitung des SARS-CoV-2-Virus Leben und Gesundheit der Bevölkerung bedroht gewesen sind und dass bei ungehindertem exponentiellen Wachstum der Infiziertenzahlen eine Überlastung der Intensivkapazitäten zu befürchten war. Ferner habe er annehmen können, dass Kontaktbeschränkungen auch in Form von Betriebsuntersagungen ein wirkungsvolles Mittel darstellten, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen. Schließlich habe er bei einer Abwägung der widerstreitenden Rechtsgüter dem Schutz von Leben und Gesundheit der Bevölkerung und der Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems Vorrang vor der Berufsfreiheit und den wirtschaftlichen Interessen der Betreiber der geschlossenen Einrichtungen geben dürfen. Auch eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes aus Art. 3 Abs. 1 GG mit Blick auf die bereits früher erfolgte Öffnung des Einzelhandels habe nicht vorgelegen. Das OVG hat wegen grundsätzlicher Bedeutung die Revision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen.

OVG Münster, Urteil vom 25.08.2022 - 13 D 29/20.NE

Miriam Montag, 26. August 2022.