Gesetzliche Ladenöffnungsfreigaben an Sonn- und Feiertagen sind einschränkend auszulegen
Damit etwa das Interesse an einem vielfältigen Einzelhandel wenigstens in Kombination mit anderen Sachgründen das erforderliche Gewicht für eine Durchbrechung des Sonn- und Feiertagsschutzes erlangen könne, müssten regional begrenzte Fehlentwicklungen oder standortbedingte außergewöhnlich ungünstige Wettbewerbsbedingungen belegbar gegeben sein, die eine Durchbrechung der Arbeitsruhe sowie eine Begünstigung bestimmter Verkaufsstellen auch unter dem Gesichtspunkt der gebotenen Wettbewerbsneutralität rechtfertigen könnten. Hierzu bedürfe es zudem eines schlüssig verfolgten Gesamtkonzepts. Vorliegend beantragte eine Gewerkschaft gegen ordnungsbehördlich erlassene Freigaben der Ladenöffnung in Stadtlohn und Mönchengladbach Eilrechtsschutz.
Gericht sieht in Stadtlohn keine die Ladenöffnung rechtfertigende besondere örtliche Problemlage
Das Oberverwaltungsgericht hat dem Antrag im Fall Stadtlohn stattgegeben. In Stadtlohn sei nicht ersichtlich, dass bezogen auf die Verkaufsstellen des Möbel-Einzelhandels eine besondere örtliche Problemlage belegbar gegeben sei, die eine Durchbrechung der Arbeitsruhe sowie eine Begünstigung dieser Verkaufsstellen auch unter dem Gesichtspunkt der gebotenen Wettbewerbsneutralität rechtfertigen könne (Az.: 4 B 480/19). Der im Gebiet der Antragsgegnerin besonders starke Möbeleinzelhandel ziehe ohnehin bereits an Werktagen erhebliche Kaufkraft aus anderen Gemeinden ab. Weder diese besondere Stärke noch ihr geringfügiger Rückgang in den vergangenen Jahren rechtfertigten es, den ohnehin schon bestehenden standortbedingten Wettbewerbsvorteil, der erhebliche Kundenzahlen aus dem Umland anziehe, auf Kosten anderer Möbelstandorte, für die die sonntägliche Arbeitsruhe gelte, durch sonntägliche Ladenöffnungen noch weiter auszubauen.
Ladenöffnung zur "Blaulichtmeile“ dagegen nicht zu beanstanden
Bezogen auf die Freigabe der Ladenöffnung in Mönchengladbach im Zusammenhang mit der Veranstaltung "Blaulichtmeile“ in der Gladbacher Innenstadt hat das Oberverwaltungsgericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung dagegen wegen der offenen Rechtslage nicht für dringend geboten gehalten (Az.: 4 B 517/19). Die angegriffene Regelung erfülle voraussichtlich die nach der Rechtsprechung des Senats zu beachtenden Vorgaben für eine Öffnung von Verkaufsstellen im Zusammenhang mit einer Veranstaltung an einem Sonntag. Allerdings habe das Bundesverwaltungsgericht in einem Urteil vom 12.12.2018 entschieden, der verfassungsrechtlich gebotene Ausnahmecharakter bestehe im Sinne einer “notwendigen Bedingung“ nur dann, wenn die Anlassveranstaltung mehr Besucher anziehe als die Ladenöffnung.
OVG hat Zweifel an Erforderlichkeit einer Besucherzahl-Prognose
Das Gericht gehe zwar von einem prägenden Charakter der “Blaulichtmeile“ für den Bereich Hindenburgstraße aus, könne aber nicht feststellen, dass die Veranstaltung für sich genommen mehr Besucher anziehe als die zur Öffnung freigegebenen Ladenlokale. Der Senat habe jedoch Zweifel, ob sich das vom nordrhein-westfälischen Landesgesetzgeber ausdrücklich verworfene Erfordernis eines Besucherzahlenvergleichs aus der Verfassung und der dazu ergangenen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vom 01.12.2009 ableiten lasse. Es halte die Rechtsfrage, ob für die Annahme der prägenden Wirkung einer Veranstaltung notwendig eine vergleichende Besucherzahl-Prognose erforderlich sei, nicht für geklärt.