OVG Magdeburg: Ladengeschäfte jeder Art über 800 qm bleiben in Sachsen-Anhalt weiterhin geschlossen

Die mit Blick auf die Corona-Pandemie in Sachsen-Anhalt geltende Regelung, nach der Ladengeschäfte jeder Art bis zu 800 qm Verkaufsfläche nur unter Einhaltung bestimmter Hygieneregeln und Zugangsbegrenzungen geöffnet werden dürfen, ist nicht zu beanstanden. Dies hat das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt in Magdeburg mit Beschluss vom 27.04.2020 entschieden und damit den Eilantrag eines größeren Sportartikel-Einzelhändlers zurückgewiesen (Az.: 3 R 52/20).

OVG: Regelung ist notwendige infektionsschutzrechtliche Schutzmaßnahme

Die Antragstellerin ist im Einzelhandel mit Sport- und Bekleidungsartikeln tätig und betreibt auch in Sachsen-Anhalt Ladengeschäfte mit einer Größe von über 800 qm. Das Oberverwaltungsgericht hat die Flächenbeschränkung für großflächige Einzelhandelsgeschäfte, die nicht bereits von der Schließung ausgenommen sind, als notwendige infektionsschutzrechtliche Schutzmaßnahme angesehen und deshalb das dagegen gerichtete Eilrechtschutzersuchen der Antragstellerin zurückgewiesen. Die Regelungen der 4. SARS-CoV-2-EindV bezweckten die fortgesetzte Eindämmung weiterer Ansteckungen mit dem Coronavirus und damit den Erhalt der Leistungsfähigkeit des Gesundheitswesens und insbesondere der Krankenhäuser zur Behandlung schwer und schwerstkranker Menschen. Die Epidemie sei trotz der Verlangsamung der Infektionsketten nicht bewältigt. Es sei weiterhin wichtig, soziale Kontakte mit dem Ziel der Vermeidung von Infektionen im privaten, beruflichen und öffentlichen Bereich zu beschränken.

Beschränkungen für großflächigen Einzelhandel verhältnismäßig

Der Landesregierung komme in der unsicheren epidemischen Lage bei der Beurteilung, welche Maßnahmen sie zur Verwirklichung der Ziele für geeignet, erforderlich und angemessen halten dürfe, ein gerichtlich nur begrenzt überprüfbarer Einschätzungs- und Prognosespielraum zu. Mit der Flächenbeschränkung habe sie ihren Spielraum nicht überschritten. Die Maßnahme sei verhältnismäßig. Das Ziel, Kontakte zu meiden, könne im Einzelhandel derzeit noch nicht vollständig durch strenge Hygienemaßnahmen abgelöst werden. Bei der Entscheidung, Lockerungen im Bereich der Ladenschließungen zuzulassen, habe die Landesregierung in zulässiger Weise an das typisierende, pauschalierende Merkmal der Großflächigkeit der Ladenflächen angeknüpft. Die darin liegende Ungleichbehandlung sei gerechtfertigt, weil die Anziehungskraft eines kleineren Geschäfts im Regelfall hinter derjenigen eines großflächigen Einzelhandelsgeschäfts zurückbleiben dürfte.

Lockerung für kleinere Geschäfte verbessert wohnortnahe Versorgung

Die Öffnung von Einzelhandelsgeschäften bis zu 800 qm führe zudem zu einer Verbesserung der wohnortnahen Versorgung der Bevölkerung, sodass gerade im Flächenland Sachsen-Anhalt eine gemäßigte Wiederbelebung des Einzelhandels erreicht werde. Besucherströme insbesondere aus dem ländlichen Raum, die vom großflächigen Einzelhandel hervorgerufen würden, könnten hierdurch in wesentlichen Teilen begrenzt werden. Es komme nicht maßgeblich darauf an, ob und inwieweit sich infektionshygienische Maßnahmen in einem großflächigen Verkaufsraum zumindest mit dem gleichen Sicherheitsniveau wie bei Geschäften mit einer Verkaufsfläche von weniger als 800 qm durchführen ließen.

Ausnahmen für bestimmte Branchen sind bedarfsorientiert

Mit der Entscheidung, den Buchhandel sowie den Fahrrad- und Kfz-Handel von der Flächenbegrenzung auszunehmen, habe die Landesregierung nicht willkürlich gehandelt. Dem Buchhandel komme zur Wahrung der Informations-, Presse- und Wissenschaftsfreiheit sowie zur Deckung des schulischen Bedarfs, und dem Fahrrad- und Kfz-Handel zur Sicherung der Mobilität der Bevölkerung ein besonderer Versorgungsauftrag zu.

OVG Magdeburg, Beschluss vom 27.04.2020 - 3 R 52/20

Redaktion beck-aktuell, 28. April 2020.