Impfung erschlichen: Richter wegen zweifelhaften Schreibens sanktioniert

Mit seinem selbst verfassten Schreiben konnte ein Sozialrichter beim Corona-Impfzentrum eine Prioritäts-Impfung ergattern. Das Dienstgericht ließ sich davon allerdings nicht beeindrucken und verurteilte ihn wegen eines Dienstvergehens – zurecht, meint das OVG Magdeburg.

Zu Hochzeiten der Corona-Pandemie hatten bestimmte Personengruppen einen Anspruch auf Schutzimpfungen mit "höchster Priorität". Darunter fielen unter anderem Personen, die in "stationären bzw. teilstationären Einrichtungen zur Behandlung, Betreuung oder Pflege […]" tätig waren (§ 2 Abs 1 Nr. 2 CoronaImpfV a.F.). Vor diesem Hintergrund hatte ein Sozialrichter die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eines Impfzentrums überzeugt, dass er in der Reihe der Impfwilligen weit vorne stehen müsse. Dafür brachte er ein selbst unterschriebenes Papier mit, das seine Tätigkeit beschrieb und hervorhob, dass er stets Zugang zu gewissen stationären Einrichtungen brauche, in denen vulnerable Personen behandelt würden. Weiter hieß es, eine rasche Schutzimpfung erscheine indiziert, da er als Sozialrichter dem Behandlungs- btw. Pflegepersonal im Sinne der CoronaImpfV gleichgestellt sei. Unter dem Schreiben prangte das Dienstsiegel seines Gerichts. 

Das DienstG Magdeburg sah darin einen Verstoß gegen die richterliche Wohlverhaltenspflicht. Das Schreiben habe seine Tätigkeiten aus dem SGB XI (Soziale Pflegeversicherung) einseitig in den Vordergrund gestellt und mit weiteren Unterlagen bei juristisch ungeschultem Personal den Eindruck einer Amtsnotwendigkeit hinterlassen wollen. Das OVG Magdeburg hat die Berufung des Richters gegen das Urteil nicht zugelassen und den Vorwurf dabei inhaltlich bestätigt (Beschluss vom 24.06.2025 – DGH 2/25).

OVG: Richter täuschte über Ortstermine

In seiner Berufung zum OVG behauptete der Richter weiterhin, er habe Anspruch auf eine priorisierte Impfung gehabt. Es sei für Pflegesachen zuständig gewesen und habe deshalb uneingeschränkten Zugang zu Krankenhäusern sowie Pflege- und Behinderteneinrichtungen gebraucht. Er habe zwar in den vorherigen Jahren 2018 bis 2020 keine auswärtigen Termine wahrgenommen, es komme indes nur darauf an, dass die theoretische Möglichkeit dafür bestehe. Ohne eine Impfung wäre es ihm im Zweifel nicht möglich gewesen, über dringliche Anliegen pflegebedürftiger Personen zu entscheiden. Das Siegel habe er schließlich nicht selbst aufgebracht, und es sei ihm erst aufgefallen, als seine Impfdosis ihm bereits zugewiesen war. Danach hätte ein Verzicht Dritten auch nicht mehr genützt und wäre daher sinnlos gewesen, so der Jurist.

Das OVG stellte nun heraus, dass der vermeintliche Impfanspruch für das Disziplinarverfahren gar nicht wesentlich sei. Maßgeblich für den festgestellten Dienstverstoß sei nur das konkrete Vorgehen des Richters gewesen, der durch das augenscheinlich amtliche Schreiben habe "Eindruck hinterlassen" wollen. Er habe die Beschäftigung des Impfzentrums "subtil beeinflussen und steuern" wollen und auch auf Elemente der Täuschung zurückgegriffen. So etwa, indem er den Eindruck erweckt habe, in großem Umfang mit der Anhörung, Vernehmung und Begutachtung pflegebedürftiger Menschen befasst zu sein.

Schreiben erweckte Eindruck einer unabhängigen Stelle

Das Schreiben habe insgesamt suggeriert, eine unabhängige Stelle der Justiz habe die Voraussetzungen geprüft – unter anderem, indem der Richter in dritter Person von sich gesprochen habe ("Richter F.", "Herrn F."). Unterschrieben sei es mit "Sozialgericht Halle 11. Kammer" gewesen, ohne Angabe des tatsächlichen Verfassers. Dem Richter sei klar gewesen, dass die Mitarbeitenden nicht ohne Weiteres von seinem Impfanspruch ausgehen würden, sonst hätte er das Schreiben schließlich nicht vorlegen müssen, so das OVG.

Zurecht habe das DienstG es als "nicht nachvollziehbar" bezeichnet, dass der Richter das Siegel erst so spät bemerkt haben wolle. Doch auch dann hätte er das Personal aufklären müssen, um eine erneute Prüfung seines Impfanspruchs zu ermöglichen. Ob die Impfdosis auch anderweitig hätte verwendet werden können, sei dann nicht seine Entscheidung gewesen. Es sei aber nicht ersichtlich, warum die zugewiesene Impfdosis nicht auch an andere hätte verabreicht werden können.

OVG Magdeburg, Beschluss vom 24.06.2025 - DGH 2/25

Redaktion beck-aktuell, tbh, 18. Juli 2025.

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