DB begehrte Eilrechtsschutz
Die rund 735 Meter lange Decatur-Brücke überspannt vielbefahrene Gleise der DB und verbindet als Teil einer Straße der Gemeinde Seevetal die Ortschaften Maschen und Hörsten. Sie bildet zudem eine Hauptzufahrt zum Rangierbahnhof Maschen. Die Gemeinde Seevetal beschloss Ende September 2016, die Decatur-Brücke voll zu sperren, weil nach gutachterlichen Stellungnahmen deren Tragfähigkeit nicht mehr gegeben sei. Für die Beurteilung der Tragfähigkeit wurde dabei auf eine vom Bundesverkehrsministerium herausgegebene sogenannte Nachrechnungsrichtlinie abgestellt. Gegen die Vollsperrung begehrte die DB Eilrechtsschutz mit dem Ziel, jedenfalls den Anliegerverkehr von Westen zu ihrem Bahnhof weiter zuzulassen.
VG bestätigt Vollsperrung: Milderes Mittel nicht gegeben
Das Verwaltungsgericht Lüneburg lehnte den Eilantrag ab, weil von der Decatur-Brücke eine konkrete Gefahr ausgehe. Sie sei nach allen bis zum Dezember 2016 eingeholten Gutachten nach der Nachrechnungsrichtlinie nicht mehr tragfähig. Andernfalls müssten hierzu weitere Untersuchungen durchgeführt werden. Bei Berücksichtigung der heute höheren "gesetzlichen" Anforderungen an die Tragfähigkeit von Brücken sei ein milderes Mittel als die Vollsperrung nicht erkennbar. Die DB legte gegen den VG-Beschluss Beschwerde beim OVG ein.
Vergleichsvorschlag auf Basis weiterer Gutachten gescheitert
Auf Initiative der DB wurden im Beschwerdeverfahren weitere Gutachten zur Tragfähigkeit der Decatur-Brücke eingeholt. Auf dieser Grundlage erarbeiteten die Beteiligten einen Vergleichsvorschlag, der unter Auflagen einen eingeschränkten Anliegerverkehr vorsah und den der Rat der Gemeinde im Juni 2017 abgelehnte. Daraufhin wurde das Beschwerdeverfahren, in dem bereits übergangsweise ein eingeschränkter Anliegerverkehr zugelassen worden war, fortgeführt.
OVG: Decatur-Brücke muss für Anliegerverkehr unter Auflagen offen bleiben
Die Beschwerde hatte Erfolg. Das OVG hat den VG-Beschluss geändert. Es hat der Gemeinde Seevetal vorläufig untersagt, die Sperrung der Decatur-Brücke auch auf den Anliegerverkehr zum Bahnhof Maschen zu erstrecken, solange bestimmte Einschränkungen der Verkehrsbelastungen eingehalten werden, die Brücke unter anderem auf Verformungen überwacht wird und sich dabei keine wesentlichen Verschlechterungen ergeben.
Zweifel an Einsturzgefahr
Das OVG äußert bereits Zweifel, ob eine konkrete, die Vollsperrung der Brücke rechtfertigende Gefahr vorliegt. Denn die von den Gutachtern der Gemeinde herangezogene Nachrechnungsrichtlinie sei nicht dazu bestimmt, die akute Einsturzgefahr einer Brücke zu ermitteln, sondern ziele eher auf den langfristigen Erhalt von Brücken. Seien die Anforderungen der Richtlinie nicht gegeben, folge daraus nicht zwingend eine Einsturzgefahr. Zwischenzeitlich sei außerdem eine genauere Untersuchung der Brücke erfolgt und habe die Tragfähigkeit der Decatur-Brücke unter Auflagen ergeben.
Überwachung der Brücke ist milderes Mittel
Das OVG hat offen gelassen, ob die Einwände der Gemeinde Seevetal gegen die neuen Gutachten durchgreifen. Das sei gegebenenfalls im Klageverfahren zu entscheiden. Denn nach den Gutachten würde sich ein etwaiges Versagen der Brücke rechtzeitig vorher durch Risse und Verformungen ankündigen. Ob solche Anzeichen bestehen, überwache die DB auf eigene Kosten durch ein engmaschiges Geomonitoring. Damit könne mit ausreichender Sicherheit eine Überschreitung der Tragfähigkeit der Decatur-Brücke festgestellt werden. Es sei zudem durch ein Alarmsystem sichergestellt, dass danach rechtzeitig vor ihrem Einsturz Vollsperrungen erfolgen. Diese Überwachung stehe damit einer bereits jetzt erfolgenden Vollsperrung als milderes Mittel entgegen.