OVG Lüneburg: Rückführung von Flüchtlingen nach Italien ist zulässig

Haben Asylbewerber in Italien erstmals die Europäische Union betreten, ist ihr in Deutschland gestellter Asylantrag unzulässig, da Italien nach der maßgeblichen Dublin-Verordnung für die Bearbeitung der Asylanträge dieser Flüchtlinge zuständig ist. Deutschland ist nicht zum Selbsteintritt verpflichtet, da das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Flüchtlinge in Italien keine schwerwiegenden systemischen Mängel aufweisen. Dies hat das niedersächsische Oberverwaltungsgericht in Lüneburg mit zehn Urteilen vom 04., 06. und 09.04.2018 entschieden (Az.: 10 LB 90/17 u.a.)

OVG: Asylverfahren in Italien ohne systemische Mängel

Das Oberverwaltungsgericht hat die Klagen der betreffenden Asylbewerber in der Berufungsinstanz abgewiesen. Zwar seien die Unterbringungsbedingungen in Italien zum Teil mangelhaft. Doch begründeten diese Mängel keine grundlegenden Defizite des gesamten Unterkunftssystems in Italien, zumal der italienische Staat dem nicht mit Gleichgültigkeit gegenüberstehe. Er habe Maßnahmen (nahezu Verdreifachung der Zahl der Unterkunftsplätze in der Zeit von 2015 bis 2017 und Integrationsplan von Oktober 2017) ergriffen, die bestehenden Mängel zu beheben.

Anspruch auf Unterbringung in Italien nur zeitlich begrenzt

In einem weiteren am 06.04.2018 verkündeten Urteil (Az.: 10 LB 109/18) hat der 10. Senat nach Auswertung der aktuellen Erkenntnismittel ebenfalls keine systemischen Mängel der Aufnahmebedingungen für Flüchtlinge in Italien festgestellt und die Berufung eines Flüchtlings zurückgewiesen. Der Kläger dieses Verfahrens war in Italien bereits als Flüchtling anerkannt worden, hatte aber in Deutschland erneut einen Asylantrag gestellt. In Italien haben Flüchtlinge nach ihrer Anerkennung nur einen in der Regel auf 6 Monate begrenzten Anspruch auf Unterbringung in einem staatlichen Unterkunftszentrum. Sie haben aber die gleichen Rechte und Pflichten wie italienische Staatsangehörige.

Italien stellt deutlich weniger Sozialleistungen bereit

Da jedoch das Sozialleistungssystem in Italien deutlich weniger Sozialleistungen vorhält als in Deutschland, bedeutet dies für nach Italien rücküberstellte anerkannte Flüchtlinge, dass sie dort mit erheblichen Problemen, insbesondere bei der Versorgung mit einer Unterkunft konfrontiert werden, sofern sie keinen Zugang zu einem staatlichen Unterkunftszentrum mehr haben und auch keine Unterkunft in einer kommunalen oder karitativen Einrichtung finden.

Italienischer Staat ist aber um Verbesserungen bemüht

Flüchtlinge haben allerdings nach Auffassung des Senats keinen Anspruch darauf, besser gestellt zu werden als inländische Staatsangehörige. Deshalb und weil der italienische Staat ersichtlich bemüht sei, die Hilfen auch für diesen Personenkreis zu verbessern, könne nicht von systemischen Mängel bei den Aufnahmebedingungen für Flüchtlinge ausgegangen werden.

OVG Lüneburg, Urteil vom 04.04.2018 - 10 LB 90/17

Redaktion beck-aktuell, 10. April 2018.

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