Regelungen zu Rentenanwartschaften der Zahnärzte in Niedersachsen teilweise unwirksam

Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hat in vier Normenkontrollverfahren mit Urteilen vom 25.01.2021 entschieden, dass die Bestimmung über die Höhe der Rentenanwartschaft aus bis zum 31.12.2006 gezahlten Beiträgen in § 15a der Satzung für die Alters-, Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenensicherung (ABH) des Altersversorgungswerks der Zahnärztekammer Niedersachsen unwirksam ist.

Festlegungen zur Rentenhöhe mussten neu geregelt werden

Die Zahnärztekammer regelt im Rahmen der berufsständischen Versorgung die Altersversorgung der Zahnärzte durch Satzung. Die zwischen den Beteiligten in Streit stehenden Bestimmungen betreffen die Höhe der Rente aus der berufsständischen Versorgung bezüglich der Rentenanwartschaften aus bis zum Jahr 2006 gezahlten Beiträgen (§15a ABH 2018), aus zwischen 2007 und 2018 gezahlten Beiträgen (§ 15b ABH 2018) und ab 2019 gezahlten Beiträgen (§ 15c ABH 2018). Eine Neuregelung war notwendig, weil das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht vorherige Festlegungen zur Rentenhöhe in früheren Entscheidungen für unwirksam erachtet hatte (etwa im Urteil vom 12.06.2014, Az.: 8 LC 130/12, BeckRS 2014, 52417).

Erneuter Streit über die Höhe der Rentenanwartschaften

In Bezug auf § 15a ABH streiten die Beteiligten unter anderem darum, ob eine unzulässige Absenkung von Rentenanwartschaftspositionen vorliegt, die als grundrechtliches Eigentum geschützt sind. Darüber hinaus steht in Streit, ob Ledige in ungerechtfertigter Weise stärker belastet werden als Verheiratete und ob es zulässig ist, dass die Renten von Mitgliedern, deren Anwartschaft aus bis 2006 gezahlten Beiträgen durch Bescheid festlegt worden ist, nicht nach der neu gefassten Satzungsbestimmung berechnet werden. Zwei der Normenkontrollanträge richten sich zudem gegen § 15c ABH. Auch eine geringfügige sprachliche Änderung durch eine Satzung vom November 2019 ist Gegenstand des Verfahrens.

Sachlich nicht gerechtfertigte Unterschiede bei Rentenanwartschaften

Das Oberverwaltungsgericht hat entschieden, dass § 15a ABH 2018 gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt, weil er eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung von Mitgliedern bewirkt, die gleiche Beiträge gezahlt haben. Die Zahnärztekammer hätte ausdrücklich Mitglieder vom Anwendungsbereich der Vorschrift ausgenommen, bei denen sie mit Bescheid die aus bis zum Jahr 2006 gezahlten Beiträgen abgeleitete Anwartschaft gesondert festgestellt hatte. Hieraus resultierten unterschiedliche Rentenanwartschaften, ohne dass hierfür ein rechtfertigender Sachgrund gegeben sei.

Bescheide sind überwiegend zu widerrufen

Die Satzung könne so gestaltet werden, dass sie auch für Mitglieder, die einen Bescheid hätten, gelte. Der Bescheid müsse dann angesichts der besonderen Umstände des Falles widerrufen werden. Zu diesen Umständen gehöre etwa, dass der Versuch, die Anwartschaft durch Bescheid unabänderbar festzulegen, missbräuchlich gewesen sei und dass es vom Zufall abgehangen habe, wer einen Bescheid erhalten habe. Nur die Bescheide derjenigen, die bereits Rente bezögen, seien gegen Aufhebung geschützt. Könne aber auf diesem Weg die Gleichbehandlung aller Rentenanwärter herbeigeführt werden, dann gebe es keinen legitimen Grund, sie ungleich zu behandeln. § 15c ABH 2018, der den Zeitraum ab 2019 betrifft, wurde hingegen vom 8. Senat als wirksam angesehen. Soweit die Urteile § 15a ABH 2018 betreffen, hat der Senat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

OVG Lüneburg, Urteil vom 25.01.2021 - 8 KN 47/19

Redaktion beck-aktuell, 23. Februar 2021.